Bühne frei!

Der Neuhof ist mehr gute Stube als Restaurant. Das Ganze ist so einfach wie wünschenswert: unkompliziert, natürlich und sehr fein. Das volle Leben.
Text: Martin Jenni – Fotos: Njazi Nivokazi
Veröffentlicht: 19.03.2019 | Aus: Salz & Pfeffer 2/2019

Rebekka Costa hat Charme und Fantasie. Sie kann planen, organisieren und ihre Ideen umsetzen. Sie ist diszipliniert und leger zugleich, was ihren Gästen zugutekommt, die sich im Neuhof in Bachs auf Anhieb wohlfühlen. Seit Mitte März ist sie gemeinsam mit ihrem Mann Lucas Costa Gastgeberin in diesem wundervoll gealterten Haus, mit urgemütlicher Gaststube und schönem Saal. «Ohne überheblich zu klingen, der Neuhof hat auf uns gewartet», sagt die gelernte Floristin und ausgebildete Barista. Sie muss es ja wissen, ist sie doch lediglich drei Minuten von ihrer heutigen Arbeits-, Lebens- und Wohnstätte aufgewachsen.

Costa hat das sichere Gespür und das Fingerspitzengefühl, ein Zuhause auf Zeit zu schaffen. «Stadtmenschen müssen bei uns auf dem Land spüren, dass sie herzlich willkommen sind. Aber bitte keine oberflächlichen Trendjäger. Wir wünschen uns Gäste, die zugänglich sind für eine nachhaltige Gastfreundschaft.» Rebekka und Lucas Costa wissen genau, was sie wollen und was nicht. Ihren Gästen auf Augenhöhe begegnen, nicht zudienen, Fremde wie Freunde bewirten, die sich auch als Freunde zu benehmen wissen, sind so einige Punkte, die ihnen heilig sind.

«Ein inspirierender Austausch zwischen Stadt und Land schwebt uns vor. An langen Tischen bei einem Glas oder zwei mit guten Gesprächen ohne Stammtischpolemik», sagt Rebekka Costa. Das pulsierende Leben von der Stadt temporär aufs Land bringen. Mit Konzerten, Lesungen, Ausstellungen, Theater, Verkostungen und mit einer spannenden Küche, die das Traditionelle wahrt und zugleich überrascht und den Gaumen fordert. «Meine Kochsprache eignet sich für Genussmenschen, die sich nichts mehr beweisen müssen, die nicht den Firlefanz suchen», sagt Lucas Costa.

«Ich koche saisonal, intensiv und doch einfach. Mit den besten Zutaten von hier, statt von dort», ergänzt er. So liefert Onkel Stefan Müller aus Steinmaur die richtigen Kartoffeln für seine unwiderstehlichen Frites, die unter anderem das Poulet im Körbli begleiten. Poulet was? So ein alter Hase? «Klar, der war in unserer vorherigen Wirkungsstätte im Restaurant Treichli in Wiehnacht-Tobel der Hausklassiker. Den mussten wir einfach nach Bachs mitnehmen. Ideal für Gäste, die wieder mal Lust haben, mit den Händen zu essen», sagt Rebekka Costa lachend. «Wir können aber auch anders. Gerollte Kalbszunge mit Salsa, ein knuspriger Schweinebauch mit mariniertem Dörrbohnensalat oder eine geschmorte Rehhaxe mit Bitterorangen-Gremolata.»

Die Gastgeber Lucas und Rebekka Costa: verliebt wie am ersten Tag
Ingwerbier, Seefrikadelle und stummes Kalb auf Alberts Liebesbrief
Geschmorte Rehhaxe an Orangen-Sternanis-Jus mit Rosenkohl und Marronispätzli
Schweinebauch mit mariniertem Dörrbohnensalat

Wenn Lucas Costa von seinen Gerichten erzählt, regt sich der Appetit, der im Neuhof nur an drei Tagen befriedigt werden kann. Von Donnerstag bis Samstag ist die Beiz geöffnet. Gerade arbeitsintensiv ist das nicht. «Wir haben noch ein zweites Betätigungsfeld und engagieren uns im Catering von Christoph Hager, das Lucas eines Tages übernehmen wird. Christoph war der Lehrmeister von Lucas und ist unser heutiger Geschäftspartner», sagt Rebekka Costa. «Ja, mit ihm am gleichen Strick zu ziehen, sich blind vertrauen zu können, ist ein grossartiges Gefühl. Durch ihn haben Rebekka und ich uns kennengelernt, was der Beginn von allem war. Das verbindet», erklärt Lucas Costa.

Da machen sich gerade drei Freunde daran, ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Als Team, Geschäftspartner und gemeinsame Inhaber. Dies an einem wundervollen Ort, der sich als Lebensbühne perfekt eignet. Mit maximal 25 Gästen. Mehr Reservationen nehmen sie nicht an, zumal Rebekka und Lucas Costa den Neuhof alleine stemmen. «Bei Anlässen sind wir natürlich mehr. Wir können auf gute Bekannte und Freunde zurückgreifen, und wenn Not am Mann ist, steht uns Christoph zur Seite», sagt Rebekka Costa.

Lucas Costa im Alter von zwölf Jahren von Brasilien in die Schweiz nach Grub (SG) gekommen, geblieben und dort aufgewachsen. Er hat seine Kochlehre erfolgreich absolviert und Gefallen am Beruf gefunden. Heute tüftelt er mit Rebekka Costa gemeinsam an neuen Rezepten, die sie austesten und korrigieren, bis es für sie auf dem Teller und im Gaumen stimmt. «Wir reisen und essen gerne. Gerichte, die uns beeindrucken, kochen wir nach. Lucas bestellt immer Speisen, die er nicht kennt. Seine Geschmackserlebnisse hält er in seinem Notizbuch fest», so Rebekka Costa, die nach einem der Liebesbriefe von Albert greift, die da auf dem Tisch liegen. «Das war so eine Idee von mir.»

Der fiktive Albert schreibt aus dem Ersten Weltkrieg an seine Elise. Wie er sie liebe und ihre wunderbaren Kochkünste vermisse. Natürlich stirbt er – und Elise kocht zu Hause weiter. «Deshalb ist unsere Speisekarte ein mit dem Füllfederhalter geschriebener Brief, der in einem Couvert steckt, das mit einer alten und gestempelten Briefmarke geschmückt ist. Eine neckische Spielerei, die mir Spass macht. Die Gerichte und das Menü auf eine Schiefertafel zu schreiben, dazu hatte ich einfach keine Lust mehr.» Für Elise! Beethoven wäre wohl auch Gast im Neuhof.

Und sonst? Wer ein offener, kulinarischer Geist ist, lässt Lucas Costa machen und setzt sich mit vier Gängen und einigen Supplements auseinander. Dabei ist das hausgemachte Ginger Beer mit einem Zander-Forellen-Küchlein und Limettenmayonnaise ein schmackhafter Einstieg in einen kulinarisch unterhaltsamen Abend oder Mittag. Dazu drängt sich unter anderem eine Flasche von Lokalmatador Urs Pircher aus Eglisau auf oder eine Flasche vom Hauswein Triomphe d’Alsace von Walter Baumgartner – seines Zeichens Hobbywinzer und Vater von Rebekka Costa.

Sein Wein ist so speziell wie das erste Konzert, das am 18. und 19. April im Neuhof über die Bühne gehen wird. Nicht mit irgendeinem Duo, sondern mit den Gulizia Brothers aus den USA. Zwei ehrenwerten Grandseigneurs des Jazz, die Rebekka und Lucas von ihrer Treichl-Zeit her kennen und die nun in Bachs aufspielen. Leider ohne ihren dritten Mann im Bunde, den im November viel zu früh verstorbenen Roger Neumann. «Die Gulizia Brothers sind mittlerweile Freunde von uns, die wir sehr schätzen. Wir freuen uns auf diese zwei Abende», sagt Rebekka Costa. Und Lucas Costa wird die Gäste mit Flammkuchen aus dem Kachelofen, Hörnli mit Ghackets und Streuselkuchen verwöhnen. Unkompliziert und gut eben.

Was noch zum vollkommenen Glück fehlt, sind einige Gästezimmer. Platz und Pläne sind vorhanden, die Umsetzung wird folgen, was bei diesem umtriebigen Team wohl nicht allzu lange dauern wird. Ferien in Bachs? Das Landleben, das Haus, die Gastfreundschaft und die Küche geniessen? Warum eigentlich nicht?

Seit Mitte März führen Rebekka und Lucas Costa das Restaurant Neuhof in Bachs. Daneben engagiert sich das Paar im Cateringunternehmen Cha Gourmet von Christoph Hager, das Lucas Costa dereinst übernehmen soll.

Neuhof Bachs
Sternenstrasse 30
8164 Bachs
076 245 59 79
www.neuhofbachs.com

Donnerstags und freitags ab 18 Uhr, samstags ab elf Uhr geöffnet, Anlässe sind an anderen Tagen auf Anfrage möglich.

Cha Gourmet Catering
www.cha-gourmet.ch



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