Karibischer Rum aus Schweizer Rüben

Urs Lüthy hat aus Zuckerrüben Schnaps gebrannt und ihn über vier Jahre lang in Holzfässern gelagert. Geschmacklich gehört sein Destillat zur Rumfamilie, trotzdem muss sein Name in Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt werden.
Text und Fotos: Andreas Bättig
Veröffentlicht: 20.02.2018
Jahrelang hat Urs Lüthy an seinem «andersRum» experimentiert. Mit dem Resultat, sagt er, sei er sehr zufrieden.

«Dank der Fasslagerung verlor das Destillat seine Ecken und Kanten.»

Er ist ein Tüftler. In seiner Brennerei im aargauischen Muhen hat Urs Lüthy in den vergangenen Jahren wie ein Daniel Düsentrieb an einem für die Schweiz raren Destillat experimentiert: einem Schnaps, der ausschliesslich aus Schweizer Zuckerrüben besteht. «andersRum» nennt Lüthy seinen Schweizer «Rum». Wobei das Wort Rum in Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt werden muss. «Geschmacklich gehört der Zuckerrübenschnaps klar zur Rumfamilie», sagt Lüthy. «Aber als Rum darf eben laut Lebensmittelverordnung nur Schnaps aus Zuckerrohr bezeichnet werden. Deshalb nenne ich ihn eben ‹andersRum›». 

Lüthy zählt zu einer kleinen Zahl von Schweizer Brennern, die sich bislang an die Zuckerrübe als Schnapsgrundstoff wagten. Bis ins Jahr 1999 war das noch verboten, weil Zuckerrüben wie auch Getreide und Kartoffeln als Grundnahrungsmittel galten, die nicht zu Schnaps verarbeitet werden durften. Noch heute ist die Zuckerrübe ein wichtiger Rohstoff für den raffinierten weissen Zucker, der in der Schweiz hergestellt wird.

Dunkle Masse als Grundstoff
Auf die Idee, auch aus der Zuckerrübe Schnaps zu brennen, kam Lüthy vor vier Jahren. Er hat sich darauf spezialisiert, Brände aus 100 Prozent Schweizer Rohstoffen herzustellen –  und er wollte ein weiteres Destillat in sein Sortiment aufnehmen. Schweizer Whisky (aus hofeigener, selbst gemälzter Gerste) und Schweizer Obstbrände hatte er schon. «Da kam mir die Zuckerrübe in den Sinn.»

Doch einfach war der Start nicht. Als Grundstoff für seinen «andersRum» verwendet Lüthy die Rübenmelasse, die bei der Zuckergewinnung zurückbleibt. «Die enthält noch etwa 40 Prozent Zucker, der nach heutigem Verfahren nicht aus der Melasse herausgelöst und kristallisiert werden kann», erklärt der Brenner. Die dunkle, klebrige Masse schmeckt erdig und intensiv. «Für die Gärung der Melasse mussten wir gegen 20 verschiedene Hefen ausprobieren, bis wir mit dem Ergebnis zufrieden waren», erinnert sich Lüthy.

Einige Experimente seien auch schiefgegangen. Doch Lüthy blieb dran – und ist mit dem Ergebnis nun sehr zufrieden. «Ich wollte, dass der Zuckerrüben-Rum fruchtig und frisch schmeckt. Dass man an die Karibik und an exotische Früchte denkt, wenn man ihn trinkt.»

Keine strengen Auflagen
Auch bei der Fasslagerung ging das Experimentieren weiter. Schliesslich entschied sich Lüthy für Schweizer Ex-Wein- und amerikanische Ex-Bourbon-Fässer. «Die Fasslagerung war wichtig und hat sich gelohnt. Dank ihr verlor das Destillat seine anfänglichen Ecken und Kanten, wurde ausgewogen und fein.»

Dass Lüthy seinen «andersRum» während über vier Jahren in Fässern lagerte, ist für eine «Rum»-Produktion nicht selbstverständlich. Im Gegensatz zum Whisky sind die Auflagen weniger streng. Während ein Whisky für mindestens drei Jahre in einem Fass lagern muss, um als solcher bezeichnet werden zu dürfen, gibt es eine solche Regel beim Rum nicht. Erlaubt ist darüber hinaus, den Rum nachträglich zu süssen. Auch wenn der Rum aus Zuckerrohr beziehungsweise aus Zuckerrüben besteht, gelangt die Süsse beim Brennen nicht ins fertige Destillat.

Die Experimente gehen weiter
Lüthy ist davon überzeugt, dass sein Zuckerrüben-Schnaps geschmacklich voll und ganz als Rum erkannt wird. Er überlegt sich deshalb auch, seinen «andersRum» in einer Degustation gegen tatsächliche Rums aus Zuckerrohr antreten zu lassen. «Es gibt ja nicht den typischen Rum. Die geschmackliche Bandbreite ist sehr gross.»

Vorerst gibt es den «andersRum» nur bei Lüthy direkt für 47 Franken zu kaufen. Sollte die erste Charge ausverkauft sein, hat Lüthy noch weiteren Zuckerrübenschnaps in seinen Fässern lagern. Ziel sei es, auch eine gewisse Menge länger in den Fässern zu lassen und dann vielleicht mal zehnjährigen «andersRum» abzufüllen. «Wir werden jedoch ständig probieren müssen. Es kann durchaus sein, dass ab einer gewissen Anzahl Jahren der Geschmack nicht mehr besser wird.» Lüthys Experimente gehen also weiter.

Bei Urs Lüthy kann in Kursen das Herstellen von verschiedenen Schnäpsen gelernt werden. Weitere Informationen gibts auf der Website (www.brennerei-luethy.ch)

Auch andere Schweizer Brenner haben aus Zuckerrüben Schnaps gebrannt. So gibt es beispielsweise den The Last Barrel (www.lastbarrel.ch) aus Mörschwil oder den Röm el Primero (www.roemelprimero.ch) aus Zürich.



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