Offenbarung im Gaumen

Aufs Wesentliche reduziert: Wer Patrick Mahlers Teller sieht, käme nicht auf die Idee, dass der Küchenchef im Park Hotel Vitznau diese Devise verfolgt. Denn jeder der 15 Gänge, die der Zwei-Sterne-Koch fürs Fine-Dining-Menü im Restaurant Focus zubereitet, ist ein Kunstwerk. Und doch: «Ich mag kein Hokuspokus», sagt der 37-Jährige, «mir geht es darum, Eigengeschmack und Wiedererkennungswert des Grundprodukts herauszuarbeiten, Lebensmittel so zuzubereiten, dass sie schmecken, wie die Natur sie erschaffen hat: pur, authentisch. Davon soll nichts ablenken.» 

Entsprechend verwendet Mahler Gewürze: «Sie sollen die Eigenaromen der Speise-komponenten betonen, verbinden, ergänzen. Aber niemals übertünchen.» Dabei bildeten zuweilen auch ungewöhnliche Kombinationen wahre Geschmackssymbiosen. Sein Aprikosensorbet beispielsweise reichert der Küchenchef mit Timut-Pfeffer an, einer mild-fruchtigen Pfeffersorte, die im Gaumen zarte Grapefruitaromen entfaltet und die süsse Frische der Aprikosen unterstreicht. Seine Hummerglace schmeckt er mit Madras-Curry ab, der dem Krustentier Tiefe verleiht, ohne sich selbst erkennbar zu machen. 

Küchenchef Mahler gehört zu einem wachsenden Kreis von Spitzenköchen, die auf Gewürze von Pfeffersack & Soehne setzen. Seit ihrer Gründung im Jahr 2011 setzt die Manufaktur aus dem deutschen Koblenz neue Standards im Hinblick auf Qualität: Sie bezieht einen Grossteil ihrer Gewürze von Bio-zertifizierten Kleinbauern aus aller Welt und verarbeitet sie in sorgfältiger Handarbeit weiter, viele der Gewürze im Sortiment sind sogar wild gewachsen. «Qualität ist bei Gewürzen das A und O», sagt Mahler, «das Aroma muss knallen, und es darf nichts rein, was nicht reingehört.»

Dafür bürgt Fabian Lötsch, Geschäftsführer von Kräuter Lötsch, dem Vertriebspartner von Pfeffersack & Soehne in der Schweiz. «Saubere Produkte sind im Gewürzhandel nach wie vor keine Selbstverständlichkeit», sagt Lötsch. Dafür sprechen auch die oftmals schlechten Noten, mit denen Gewürze in Produktetests und Inhaltsanalysen abschneiden, weil sie Rückstände von Pestiziden, Schwermetallen und anderen Schadstoffen enthalten, durch unsachgemässe Lagerung Bakterien ansetzten oder mit künstlichen Inhaltsstoffen gestreckt wurden. Pfeffersack & Soehne hingegen, sagt Lötsch, setze die eigenen Qualitätsstandards dahingehend höher, als der Gesetzgeber es vorschreibe, und lasse seine Produkte regelmässig von unabhängigen Laboratorien überprüfen. «Gewürze in dieser Qualität und Vielfalt sind einzigartig» – davon ist Lötsch überzeugt.

«Schluss mit Pulver und trockenem Elend», sagt er energisch und meint damit minderwertige, vorzeitig gealterte Ware im Standard-Gewürzfach. «Viele Leute meinen, sie wüssten, wie Pfeffer schmeckt – bis sie ein reinsortiges Qualitätsprodukt kosten, das ihnen ungeahnte Geschmackserlebnisse beschert, richtige Offenbarungen», sagt Lötsch. «Diese Vielfalt möchte ich auch Gastronomen näherbringen. Es beginnt beim Pfeffer: Da gibt es nicht nur schwarzen und weissen, sondern über 4000 verschiedene Sorten.» 

Für erstklassige Qualität kommt es aber nicht nur auf saubere und unverfälschte Ware an, sondern auch auf den Zeitpunkt von Ernte und Trocknung. «Gewürze sind eine begehrte Handelsware», sagt Lötsch, «bereits in den Ursprungsländern kaufen Spekulanten sie in grossen Mengen ein. Bevor sie die Ware abstossen, muss der Preis stimmen. Und so hat der Pfeffer unter Umständen schon einige Jahre auf dem Buckel und durch falsche Lagerung viel Aroma eingebüsst, bis er in der Mühle landet.»

Um derlei Risiken vorzubeugen, verarbeite Pfeffersack & Soehne jeweils nur die aktuelle oder letztjährige Ernte. Möglich mache das die Zusammenarbeit mit erfahrenen Einkäufern vor Ort, mitunter aber auch sehr kleine Bezugsmengen. «Das kostet etwas mehr», sagt Lötsch, «zahlt sich im Geschmack aber zigfach aus.» Aroma und Geschmack sind auch der Grund dafür, dass Pfeffersack & Soehne nur ganze Gewürze anbietet oder sie höchstens minimal zerkleinert. «Die Aussenhülle wirkt als natürlicher Aromaschutz», sagt Lötsch. «Beim Mahlen wird dieser Schutz zerstört, und die feinen, frischen Aromabestandteile, insbesondere die ätherischen Öle, verflüchtigen sich schnell.»

Stangenpfeffer aus Indonesien, Tonkabohnen aus Brasilien, Vanille aus Madagaskar: Viele Gewürze, die unsere kulinarische Sinnesreise bereichern, sind Exoten – aber nicht nur. «Regionale Gewächse spielen eine immer wichtigere Rolle, und Pfeffersack & Soehne will dieses Potenzial ausloten», sagt Lötsch. Fenchelsamen oder Kerbel etwa beziehen die Gewürzprofis aus Koblenz von heimischen Produzenten. Gerade Fenchelsamen sind bei Spitzenkoch Mahler ein Allzeitfavorit in Saucen, Jus und Fonds – und ein gutes Beispiel dafür, was Gewürze können, wenn man sie richtig einsetzt: «Sie öffnen uns den Gaumen, lassen uns Geschmäcker intensiver wahrnehmen. Im Idealfall vervollständigen sie, was wir als Gesamtbild anstreben: die perfekte Harmonie unterschiedlicher Geschmäcker, Texturen und Farben.»