Das Verständnis von Luxus hat sich in den letzten Jahren massiv gewandelt – auch in der Gastronomie. Junge Spitzenköche profilieren sich heute nicht mehr mit bretonischem Hummer oder mit TrĂĽffel aus dem PĂ©rigord, sondern servieren ihren Gästen lieber einheimische Spezialitäten wie beispielsweise TrĂĽschenleber, Wollschweinebauch oder Bergkartoffeln. Einige Köche haben gar sämtliche ausländischen Lebensmittel aus ihren KĂĽchen verbannt. Der wohl bekannteste unter ihnen, Nenad Mlinarevic, wurde 2016 von Gault & Millau zum Koch des Jahres gekĂĽrt.Â
Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch der rasante Aufschwung von helvetischem Rapsöl. In der Schweiz existieren zurzeit etwa 6500 Rapsproduzenten. Die angebaute Fläche entspricht rund 30 000 Fussballfeldern. Verarbeitet werden die bereits den Römern bekannten Rapskörner in drei grossen sowie unzähligen kleinen Ă–lmĂĽhlen, verteilt im ganzen Land. Die hohe Qualität von Rapsöl ist ein wichtiges, aber nicht etwa das einzige Argument fĂĽr dessen Verwendung. Schlaue Gastgeber wissen, wie sie ihre Produkte bei den Gästen vermarkten. Dank der Nähe zu den Produzenten und dem ökologischen Anbau liefert Raps die passende Geschichte.Â
Das Angebot von Schweizer Rapsöl ist vielfältig. Neben grossen Anbietern verkaufen auch zahlreiche Klein- und Kleinsthersteller ihre Öle, vornehmlich an kreative Gastronomen mit einem lokalen Gewissen. Bei Mlinarevic ist das gesunde Öl mit dem leicht nussigen Geschmack gar «Basis für alles». «Wir machen daraus Kräuteröle, Rauchfischöle, aber auch Vinaigretten und Hollandaisen», so Mlinarevic. Auch für das Sous-vide-Garen setze es seine Brigade gerne ein.
Seit längerem macht lokales Rapsöl dem Olivenöl ernstzunehmende Konkurrenz. Es ist nicht nur reich an Vitamin E, sondern enthält auch viel Omega-3-Fettsäuren. In der Lebensmittelpyramide der Schweizerischen Gesellschaft fĂĽr Ernährung wird Rapsöl als einziges Ă–l ĂĽberhaupt aufgefĂĽhrt. Viel wichtiger noch: Rapsöl ist in der KĂĽche extrem vielseitig einsetzbar. Kaltgepresstes Rapsöl etwa eignet sich speziell fĂĽr Dips oder Salatsaucen. Geradezu prädestiniert ist es fĂĽr die Herstellung von Mayonnaise.Â
Klassisches (raffiniertes) Rapsöl empfiehlt sich für die kalte und die warme Küche, etwa fürs Kurzbraten oder Dünsten von Fisch oder Gemüse. Dank des neutralen Geschmacks kann es auch zum Backen eingesetzt werden. Ebenfalls geschmacksneutral ist das 2003 erstmals in der Schweiz gezüchtete «HOLL»-Rapsöl. Es enthält einen hohen Anteil an Ölsäure, einer einfach ungesättigten und deshalb gesunden, erhitzbaren Fettsäure sowie einen verminderten Gehalt an Linolensäure. «HOLL»-Rapsöl ist hitzestabil und eignet sich speziell fürs Braten und Frittieren.
Köche, die sich das Verarbeiten lokaler Produkte auf die Fahne schreiben, kommen am einheimischen Rapsöl kaum vorbei. Nenad Mlinarevic zaubert daraus etwa einen Rapsölschaum, den er mit einem mit Leinsamen und Misopaste geschmorten Blumenkohl kombiniert.
Schweizer Rapsöl
In der Schweiz wird zurzeit auf einer Fläche von zirka 21 000 Hektaren Raps angebaut – was ungefähr 30 000 Fussballfeldern entspricht. Die zwischen April und Mai leuchtend gelb blühende Pflanze ist die bedeutendste Ölfrucht der Schweiz. Das aus einheimischer Produktion stammende Rapsöl deckt etwa einen Viertel des inländischen Pflanzenölbedarfs. Die Qualitätssicherung ist garantiert, vom Feld bis in die Flasche. Einerseits bauen die rund 6500 Produzenten ausschliesslich erstklassige Rapssorten an, andererseits existiert für Raps ein Qualitätssicherungskonzept, dem sämtliche Erzeuger verpflichtet sind. In der Profiküche ist das äusserst gesunde Rapsöl ein beliebter Allrounder. Es eignet sich für die kalte wie auch für die warme Anwendung.