Bier nach altem Rezept

Craftbeer und IPA sind in aller Munde. Der mutmasslich jüngste Bierbrauer der Schweiz verfolgt mit seinem Schiffbrau allerdings eine andere Strategie – und will damit explizit auch in der Gastronomie für Veränderung sorgen.
Interview: Simone Knittel – Fotos: z. V. g.
Veröffentlicht: 20.05.2022

«Ich setze auf betont traditionelle Biere, die es in der Schweiz nicht oder nicht mehr gibt.»

Wie kam es zur Gründung von Schiffbrau?
Arthur Varnholt: Anfang 2020 bestellte ich online einige Zutaten zum Bierbrauen zu Hause – dem Shop bin ich übrigens bis heute treu geblieben – und wagte mich an meine ersten Brauversuche. Diese fanden in der Wohnung meiner Eltern im bekannten Zürcher Schiffbau statt. Mein erstes «Testbier» war ein English Bitter. Mir sagt sein runder, milder Geschmack zu, doch in der Schweiz ist dieses Bier, bis auf ein, zwei importierte Sorten, nicht zu finden. Später braute ich für einen Bekannten ein Altbier, ein dunkles, obergäriges Bier. Meine ersten Flaschen stiessen auf ein so gutes Echo, dass ich mich schliesslich richtig hineinkniete. Inzwischen habe ich die Produktion vergrössert und nach Aatal verlegt.

Warum braucht es in Zürich eine weitere Bierbrauerei?
Grundsätzlich braucht es die natürlich überhaupt nicht. Mir fällt aber auf, dass viele kleine Brauereien auf IPA oder neuerdings auf Sauerbier setzen, also spezielle Biersorten, die eher eine kleine Kundengruppe ansprechen. Ich möchte ein Bier machen, das allen schmeckt, nicht nur einem kleinen Kreis eingefleischter Craftbeer-Fans. Dafür setze ich auf betont traditionelle Biere, die es in der Schweiz nicht oder nicht mehr gibt. Ich halte mich an das deutsche Reinheitsgebot und filtere meine Biere nicht.

Wie haben Sie in der Gastronomie Fuss gefasst?
Der Einstieg war harzig. Ich erhielt Absagen von allen Seiten. Sobald man aber jemanden überzeugt hat, kommen Folgeaufträge und es spricht sich herum. Heute haben unter anderem das El Lokal und das Clouds unser Bier im Angebot. Und natürlich findet man uns in der Schiffbrau-Bar. Dass es für manche Gastronominnen und Gastronomen schwierig ist, im bestehenden Angebot Änderungen zu machen, verstehe ich in Bezug auf Lagerkosten oder logistische Herausforderungen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass ein Betrieb mit einer kleinen, aber gut kuratierten Bierkarte schon sehr viel richtig macht. Es wäre schön, wenn die Bierkarte einen ähnlichen Status wie die Weinkarte erhalten würde. Teilweise gilt wohl noch die Maxime: Bier wird sowieso getrunken, egal welches da ist. Da sehe ich auch die Gäste in der Pflicht: Sie können anfragen, ob ihre Beiz ein Lieblingsbier aufnimmt.

Was wird Ihr nächster Streich?
Als nächstes kommt ein auf 250 Flaschen limitierter Badge von Champagner-Bier in den Shop. Dieses wurde mit Champagner-Hefen gebraut und hat dadurch ein ausserordentliches Aroma erhalten. Ich verkaufe es in grossen Flaschen mit Korken – eben wie einen Champagner. Diese Art von Bier geniesst Seltenheitswert, weshalb mich seine Produktion besonders reizt. In Zürich stosse ich zudem auf grosses Interesse mit neuen Ideen, bei mir klopfte bereits ein Betrieb an, bevor das Champagner-Bier überhaupt fertig war. In meiner Familie sind viele selbstständig arbeitend oder haben ein eigenes Unternehmen aufgebaut: Das spornt mich an, immer wieder Neues auszuprobieren.

Und was wünschen Sie sich für Ihre Brauerei?
Grundsätzlich wünsche ich mir natürlich, das bestmögliche Produkt zu liefern und die Kundinnen und Kunden damit glücklich zu machen. Aber als Unternehmer muss das Bierbrauen früher oder später natürlich auch in einem grösseren Umfang stattfinden, damit am Ende die Umsätze stimmen. Das ist schlicht die Realität.

Hinter der Schiffbrau-Brauerei steht mit dem Arthur Varnholt der jüngste selbstständige Brauer der Schweiz als Mann für alles. Nach seinem Schulabschluss und diversen Praktika setzt der 18-Jährige nun voll auf sein eigenes Unternehmen. Mit alten Biersorten wie dem Zürcher Hellen, einem English Bitter und einem Düsseldorfer Alt setzt er auf seine eigene Marktnische. Zusätzlich bietet er saisonal limitierte Editionen an. Seine Biere sind in diversen Zürcher Lokalen vertreten.



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