Als Jüngster im erlauchten Kreis
Der Gault & Millau hat in Ascona seine Auswahl 2025 vorgestellt. Marco Campanella mischt die Spitze auf – und für Mitja Birlo gibts eine eigene Kategorie.
«Ich möchte nicht, dass diese Branche untergeht.»
Wie kam es dazu, dass Ihre Partnerin und Sie den Verein Gastroszene grĂĽndeten?
Nico Schefer: Lisa Schefer, die den Verein als Präsidentin leitet, arbeitet als Sozialpädagogin mit Jugendlichen im Kanton Zürich und kommt immer wieder mit dem Thema Lehrstellenwahl in Kontakt. Viele der Jungen wissen nicht genau, was sie nach der Schule machen möchten. Auf den Berufsvorschlag Koch/Köchin reagieren sie ablehnend oder desinteressiert. Erzählt man ihnen aber mehr über den Beruf, horchen viele plötzlich auf. Diese Beobachtung hat uns beide nicht mehr losgelassen, denn als ehemaliger Koch bin ich ja mit dem Mangel an Nachwuchs in der Branche gut vertraut. Meine eigenen Erfahrungen als Koch in der Gastronomie waren so gut, dass ich den Mangel nur bedingt nachvollziehen kann. Ich wurde in meiner Laufbahn als Koch unglaublich gefördert und unterstützt, habe ein tolles Netzwerk geknüpft und durfte viele schöne Erfahrungen sammeln. Um also diese Lücke zwischen meiner Erfahrung und der Erfahrung von Lisa zu schliessen, suchten wir nach einer Anlaufstelle, die den Beruf vermehrt bewerben könnte.
Trotz des grossen Themas des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels wurden Sie nicht fündig?
Nein. Das hat uns erstaunt, und so beschlossen wir, selber einen Verein zu gründen, der sich darum kümmert. Die Sache ist für mich auch eine Herzensangelegenheit: Ich bin stolzer Gastronom und liebe diese Branche. Ich möchte nicht, dass sie untergeht. Das Ziel unseres Vereins ist es langfristig, die Branche für junge und ältere Arbeitnehmende wieder attraktiv zu machen und damit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Als wichtigste Aktivität sehen wir unsere Schulbesuche. Dafür haben wir bereits einige Schulen im Kanton Zürich gewinnen können. Wir arbeiten ehrenamtlich, doch möchten zumindest Sachen wie Werbematerialien, Unterrichtsutensilien oder die Website nicht selber finanzieren müssen. Dafür haben wir mit der Genossenschaft ZFV inzwischen auch eine tolle Partnerin gefunden.
Wie sehen diese Schulbesuche konkret aus?
Wir möchten mit Menschen aus der Branche, also zum Beispiel einem Koch, einer Hôtelière und einem Servicemitarbeitenden Schulbesuche machen, in deren Rahmen wir den Schülerinnen und Schülern von der Gastronomie- und Hotellerie erzählen und ihnen auch konkret die praktische Seite des Berufs näherbringen. Das kann zum Beispiel in Form einer Kochlektion sein, damit sie sehen: Hamburgerbraten zu Hause ist nicht gleich wie im Restaurant. Schülerinnen und Schüler, die sich danach weiter mit dem Thema auseinandersetzen möchten, laden wir ein, sich den Beruf in einem unserer Partnerbetriebe anzusehen und hinter die Kulisse zu schauen. Dafür konnten wir bis jetzt die Genossenschaft ZFV und das Sedartis Hotel in Thalwil gewinnen. Wenn alles klappt, stehen also bald Dutzende potenzielle Lernende direkt in der Küche von interessierten Betrieben.
Die Bandbreite im Berufsbild Koch ist heute gross: Die einen sind jung, engagiert und erfolgreich, die anderen fühlen sich nicht gesehen und nicht geschätzt. Wie stellen Sie sicher, dass die Lernenden nicht in einem Betrieb landen, der den Vorstellungen nicht entspricht?
Ein Umdenken muss ganz klar auch bei den Gastronomen und Gastronominnen stattfinden. Es bringt nichts, wenn wir der Branche Lernende zuspielen, die dann kurze Zeit später wieder abbrechen, weil sie zum Beispiel nur herumdirigiert und ausgenutzt werden. Es ist wichtig, die jungen Menschen zu fördern und ihnen Perspektiven zu bieten. Meiner Meinung nach hat sich hier in den letzten Jahren aber sehr viel getan. Wir prüfen ausserdem auch, mit welchen Betrieben wir uns für unsere Schulbesuche zusammentun.
Interessierte Gastronominnen und Gastronomen dĂĽrfen sich also direkt bei Ihnen melden?
Genau. Wir stehen auch zur Verfügung, falls ein Betrieb noch nicht ganz sicher ist, ob er einem Lernenden ein optimales Umfeld bieten kann. Dann führen wir gemeinsam eine Bedarfsanalyse durch. Unsere Partnerbetriebe können ausserdem ihren Namen und ihr Logo auf unserer Website platzieren. Es ist aber wichtig zu sagen, dass wir keine Werbung im klassischen Sinn für die Betriebe machen. Unser Angebot ist ein anderes: ein direkter Draht zu jungen Menschen, die potenziell an einer guten Lehrstelle interessiert sind. Es geht uns nicht darum, den Gastronomen und Gastronominnen noch ein Werbepaket anzudrehen oder Geld mit ihnen zu verdienen. Wir möchten uns mit ihnen einsetzen, um gemeinsam eine Zukunft für die Gastronomie zu schaffen.
Im August haben Lisa und Nico Schefer den Verein Gastroszene gegründet. Ziel des Vereins ist es, die Berufsbilder in der Gastronomie und Hotellerie wieder attraktiver zu machen und die spannenden Seiten hervorzuheben. Die Hauptaktivität des Vereins sind Schulbesuche, um jungen Interessierten die Berufe direkt im Klassenzimmer vorzustellen. Präsidentin Lisa Schefer ist Sozialpädagogin FH mit mehreren Jahren Erfahrung in der Jugendarbeit, Mitinitiant Nico Schefer ist ausgebildeter Koch und arbeitet aktuell in einem Start-up zur Prozessoptimierung in der Gastronomie.
gastroszene.org