Rettung über die Gasse

Viele Restaurants haben wegen Corona auf Take-away umgestellt. Die Solidaritätsaktion La Résistance bündelt ihre Angebote auf der gleichnamigen Plattform. Jetzt ermitteln die Initianten mit einer Umfrage, was Take-away als Krisenstrategie taugt.
Text: Virginia Nolan – Foto: Queven / Pixabay
Veröffentlicht: 30.04.2020
Take-away als Krisenstrategie: Diesen Weg gehen derzeit Restaurants in aller Welt, um Verluste abzufedern.

«Take-away wird weit über den Lockdown hinaus aktuell bleiben.»

Jetzt ist es offiziell: Ab dem 11. Mai dürfen Restaurants in der Schweiz ihre Türen wieder öffnen, zumindest für einen limitierten Betrieb. Für die Gastronomie ist das eine gute Nachricht, aber noch nicht das grosse Aufatmen. Die Verunsicherung bleibt gross und manche Frage offen: Sind die behördlichen Vorgaben zum Schutz von Gästen und Mitarbeitern für kleinere Betriebe überhaupt umsetzbar? Werden die Gäste auch kommen? Und kann rentabel wirtschaften, wer auf so kleiner Flamme kocht, sprich, nur einen Bruchteil des üblichen Publikums bewirten darf? Sicher scheint derzeit nur, dass es weiterhin gute Ideen braucht, um über die Runden zu kommen.

Eine Strategie gegen die Krise ist beispielsweise die Umstellung auf Take-away-Angebote. Diesen Weg sind in den vergangenen Wochen unzählige Restaurants gegangen. Wie es ihnen dabei ergeht, ermittelt aktuell eine Umfrage unter 200 Restaurants, die auf La Résistance registriert sind. Auf der Online-Plattform erfahren User, welche Restaurants in ihrer Nähe auf Take-away-Betrieb umgesattelt haben, und können ihre Lieblingslokale auch gleich selbst eintragen. Der Service ist für Nutzer und Gastronomen gratis. Mittlerweile sind im Verzeichnis über 200 Restaurants zu finden, die meisten davon in und um Zürich. Hinter La Résistance steht ein Zürcher Kollektiv aus Gastronomen, Lieferanten, Kreativen und Gästen. In die letzte Kategorie fällt Digital-Unternehmer Thomas Gabathuler, führender Kopf der Solidaritätsinitiative.

Er wertet derzeit die ersten Resultate besagter Umfrage zur Wirksamkeit der Take-away-Strategie aus. Bisher seien erst rund 30 Antworten eingetroffen, diese aber stimmen ihn optimistisch, so Gabathuler: «Rund 70 Prozent der befragten Betriebe geben an, dass ihr Take-away-Angebot auf guten oder sehr guten Anklang stösst. 60 Prozent konnten ihren Umsatz auf niedrigem Niveau steigern, zwei, drei Betriebe haben sogar einen ähnlichen Umsatz wie vor der Krise. Insgesamt sind die Rückmeldungen durchwegs positiv, es zeigt sich, dass viele Restaurants grosse Solidarität von ihren Gästen erfahren.» Das Umfeld bleibe jedoch weiterhin schwierig, und Gabathuler ist sich sicher, dass Take-away weit über den Lockdown hinaus aktuell bleiben wird: «Unsere Umfrage zeigt, dass die meisten Betriebe auch in naher Zukunft daran festhalten wollen, nur schon, um mit Take-away abfedern zu können, was bei limitiertem Betrieb an Umsatz entfällt.»

Für die überwiegende Mehrheit aller Restaurants, die auf La Résistance registriert sind, ist das Take-away-Geschäft Neuland. Klassische Take-aways, die Essen traditionellerweise ausschliesslich über die Gasse ausgeben, sind auf der Plattform keine vertreten. «Sie sind nicht die Zielgruppe unserer Aktion», sagt Gabathuler, «wir wollen dem Gast, so gut es eben möglich ist, einen veritablen Restaurantersatz bieten.» Als solchen schienen Gäste das Angebot auch zu nutzen, wie die Rückmeldungen befragter Betriebe nahelegten. «Die stärkste Take-away-Nachfrage verzeichnen die meisten dann, wenn traditionellerweise auch der Andrang im Restaurant am stärksten ist: abends und am Wochenende», sagt Gabathuler.

Erste Erfahrungen von Neulingen im Take-away-Business zeigten aber auch, dass nicht jedes Konzept für jeden Betrieb funktioniere. «Mitunter haperte es am Anfang», weiss Gabathuler, «beispielsweise, weil sich das Take-away-Angebot zu weit von der üblichen Karte entfernte oder diese in der Take-out-Variante schlecht funktionierte.» Wenn etwa ein gutbürgerliches Restaurant auf Fingerfood oder leichte Kaltgerichte umstelle, weil diese einfacher im Handling seien, komme das beim Gast nicht an. «Und dann gibt es Gerichte, die nicht mehr viel hermachen, wenn sie einen Transport hinter sich haben», sagt Gabathuler. «Pasta-Spezialitäten zum Beispiel kommen, kaum ausgepackt, oft wie Pampe daher. Hier ist es besser, das Gericht nicht schon fixfertig anzurichten, sondern dem Gast die Nudeln roh mitzugeben, damit er sie selbst kochen und dann zur Sauce geben kann. Da muss jeder Betrieb ein bisschen pröbeln, was funktioniert.» Eine dankbare Variante fürs Take-away-Angebot seien Tavolata-Gerichte, also ein Potpourri aus warmen und kalten Speisen, so Gabathuler: «Viele Gastronomen berichten, dass sie damit gute Erfahrungen machen. Aber auch hier muss das Angebot zum Betrieb passen.»

Die Aktion La Résistance sei mehr als ein Online-Verzeichnis, «wir wollen den Austausch zwischen Gastronomen fördern und sie mit Fachwissen durch die Krise begleiten», sagt Gabathuler. So finden innerhalb der zugehörigen Facebook-Gruppe Live-Chats und neuerdings auch moderierte Online-Podien mit Experten und Branchenvertretern statt. «Demnächst wird es etwa um die Frage gehen, was die Vorgaben des Bundesrats für den einzelnen Betrieb zu bedeuten haben», sagt Gabathuler, «in diesem Punkt herrscht noch viel Unklarheit.»

Mehr Informationen zur Solidaritätsaktion La Résistance gibts hier und auf Facebook.



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