Bergauf

Dario Cadonau geht im bündnerischen Brail seinen Weg: eigenwillig, ehrgeizig und ganz schön erfolgreich. Im kleinsten Fünf-Sterne-Superior-Haus der Schweiz verkocht er, was Wald und Wiese hergeben – und greift beherzt nach dem zweiten Stern.
Text: Sarah Kohler – Fotos: Jürg Waldmeier
Veröffentlicht: 21.09.2017 | Aus: Salz & Pfeffer 5/2017
Waldoffenbarung
Dario Cadonau

«Uns wird nichts geschenkt, wir müssen schon einen Anreiz schaffen, damit die Leute den Weg zu uns finden.»

Im kleinsten Fünf-Sterne-Superior-Haus der Schweiz denkt Dario Cadonau gross. Das tat er immer schon, träumte als Kind vom eigenen Hotel, lernte das Kochhandwerk bei den Besten der Branche, absolvierte die Hotelfachschule und packte eigenhändig auf der Baustelle an, um seine Vision im bündnerischen Brail 2010 Wirklichkeit werden zu lassen. Im In Lain Hotel Cadonau setzen der Küchenchef und seine Frau Tamara als Gastgeberin auf ein klares Konzept mit einem innigen Bezug zur Natur – im Haus, aber auch auf dem Teller. Von Gault & Millau gabs dafür auf Anhieb 14 Punkte.

Seither zogen sieben Jahre ins Land; und während die Cadonaus ihrer Idee unbeirrbar treu geblieben sind, haben sich Punkte und Sterne kontinuierlich summiert. «Es geht stetig bergauf, wir sind sehr zufrieden», sagt Dario Cadonau und strahlt. Aktuell ist seine Küche mit 17 Punkten von Gault & Millau sowie einem Stern von Michelin dotiert. «Die Auszeichnungen an und für sich sind uns nicht so wichtig», relativiert der 36-Jährige, «aber es ist ein Fakt, dass sie uns Gäste bescheren.» Brail liegt eine halbe Autostunde von St. Moritz entfernt, renommierte Häuser sind in der Gegend nicht gerade rar gesät: «Uns wird nichts geschenkt, wir müssen schon einen Anreiz schaffen, damit die Leute den Weg zu uns finden.»

Da hilft es, dass es sich im In Lain richtig gut leben lässt; in einer der lichtdurch­fluteten, nach Arve duftenden Suiten, auf der Sonnenterrasse mit Blick auf den Nationalpark, in der Zigarrenlounge oder in der Sauna im Garten. Kulinarisch bleiben ohnehin kaum Wünsche offen. Neben den À-la-carte-Lokalen Stüvetta und Käserei lockt das stimmungsvoll in die alten Kellergemäuer eingepasste Gourmetrestaurant Vivanda. Hier lässt Cadonau abends sein Degustationsmenü auftragen – und fährt dabei so gross auf, wie er denkt.

Inspiration ist ihm sein Daheim: Er bedient sich im Wald, der an den Garten grenzt, verkocht Pilze, Kräuter und Blätter, aber auch Holz und Rinde – und produziert selber Käse. «Unser Fokus liegt seit Anbeginn ganz auf der Umgebung», sagt der Küchenchef. «Und die Lust daran ist mir bis heute nicht vergangen.» Überhaupt wirkt Cadonau so gar nicht müde, auch nicht, wenns darum geht, das Treppchen weiter emporzusteigen. Sein erklärtes Jahresziel: 18 Punkte – und der zweite Stern.

In Lain Hotel Cadonau
Crusch Plantaun 217, 7527 Brail
081 851 20 00
www.inlain.ch

Holzessenz
Wilde Rose

Waldoffenbarung

- Rapsölblatt mit Bergsalz

- Austernblatt mit Senfgurke
4 Austernblätter | 1 Salatgurke | 50 g Champagneressig | 50 g Läuterzucker | 5 g Salz | 10 g Zucker | 5 g Senfkörner

Salatgurke schälen, entkernen und in kleine Würfel schneiden. Champagneressig, Läuterzucker, Salz, Zucker und Senfkörner vermengen und in einem Topf aufkochen. Den Sud abkühlen lassen. Die Salatgurkenwürfel mit dem kalten Sud vermengen, in einen Vakuumbeutel geben und vakuumieren. Eine Stunde ziehen lassen. Den Sack aufschneiden, die Flüssigkeit abpassieren. Austernblatt mit den Senfgurken befüllen und servieren.

- Birkenblatt mit BlĂĽten und Birkenemulsion
4 Birkenblätter | 50 g Läuterzucker | Birkenemulsion: 200 g Birkenwasser | 100 g Balsamicoessig weiss | 50 g Zucker | 3,5 g Agar-Agar

Die im Wald gesammelten Birkenblätter in einen Vakuumbeutel geben, den Läuterzucker zufügen und vakuumieren. Die Blätter im Sud 12 Stunden ziehen lassen. Den Vakuumsack öffnen, die Blätter aus der Flüssigkeit nehmen und auf eine Matte legen. Bei 40 °C in einem Dehydrator trocknen lassen. Alle Zutaten für die Birkenemulsion vermengen, in einem Topf aufkochen, gelieren lassen und zu einem Gel mixen. Die getrockneten Birkenblätter von der Matte entfernen, auf einen Ast legen, mit dem Birkengel beträufeln und mit wenig Bergsalz und Süssdoldenblumen ausgarnieren.

- Tschliner Schafsjoghurt-Blatt, Tannensaft, geräucherte Alpbutter

- Sauerampfer-Martinikugel, Saibling-Chloropylblatt, Wiesenkräuter und Bergstaub

- Duo vom In-Lain-Käse, Walderdbeeren und 16-jähriger Wacholder-Balsamico

- Bergeller Walnuss-Sandwich

Holzessenz

- Holzessenz
2 L Pilzessenz | 1 L Pouletfond, geklärt | 700 g Arvenholz | 300 g Birkenrinde | Salz | Sojasauce | Arvenessig

Alle Zutaten zusammen in einen Vakuumbeutel geben und im Wasserbad bei 82 °C 12 Stunden ziehen lassen. Den Vakuumsack aufschneiden, die Essenz abpassieren und auf einen Drittel reduzieren. Mit Salz, Sojasauce und Arvenessig abschmecken.

- Waldristretto
500 g gemischte Pilze | 50 g Moos | 2 g getrockneter TrĂĽffel | 1,2 L Wasser | 8 g Konjac-Mehl

Alle Zutaten in einem Vakuumbeutel vakuumieren und 25 Minuten bei 90 °C im Kombisteamer garen. Vakuumsack aufschneiden, alle Zutaten abpassieren und den Sud auf die Hälfte reduzieren. Mit dem Konjac-Mehl binden und aufkochen. 5 Minuten mit einem Gummischaber leicht verrühren. Die Masse zwischen zwei Backpapiermatten dünn ausrollen und abkühlen lassen. Das obere Backpapier entfernen und mithilfe eines Ausstechers von 5 cm Durchmesser Scheiben ausstechen.

- Pfifferlingcreme
10 g Olivenöl | 2 Schalotten, geschält | 1 kg Pfifferlinge, gewaschen | 200 g Rahm | 100 g Weisswein | Salz | Pfeffer | Aceto Balsamico

Die Schalotten schälen und fein schneiden, in einem Topf mit Olivenöl andünsten, Pilze dazugeben und weiterdünsten. Mit dem Weisswein und etwas Aceto Balsamcio ablöschen. Rahm dazugeben und zirka 20 Minuten leicht köcheln. Die Masse im Thermomix zu einer feinen Creme mixen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

- Anrichten
Die ausgestochenen Waldessenz-Scheiben mit 8 g Pfifferlingcreme füllen und zu Ravioli formen. Mit Waldblumen und Kräutern ausgarnieren. Die Holzessenz aufkochen und vorsichtig dazu giessen.

Wilde Rose

- Randensteak
1 rohe Rande | 80 g Butter zum Ausbraten | Salz | Pfeffer | Bergthymian | 3 getrocknete Tannenzapfen zum Räuchern

Rande schälen, mit der Aufschnittmaschine in feine Scheiben von 1 mm schneiden, die Scheiben salzen und zum Entwässern und Würzen 20 Minuten ziehen lassen. Die Scheiben auf Küchenpapier gut abtrocknen, dann aufeinanderlegen, vorsichtig zur einer Roulade aufrollen und mit Küchenschnur zu einem Steak binden. Das Steak 20 Minuten bei 140 °C in Tannenzapfenmehl räuchern. Vor dem Servieren in einer Bratpfanne scharf anbraten und mit der Butter und dem Bergthymian arosieren. Steak aus der Pfanne nehmen, auf ein Küchenpapier legen und 10 Minuten unter der Wärmelampe ruhen lassen, dann halbieren und auf einem Teller anrichten. Mit Wildrosenblättern, Randenpapier und rotem Oxalis ausgarnieren.

- Randenpapier
100 g fermentierter Randensaft | 3 g Metil

Randensaft und Metil zusammen vermengen und mixen. In einen Vakuumsack füllen und in der Vakuummaschine die Luft entziehen. Auf einer Silikonmatte dünn ausstreichen und bei 32 °C zirka 90 Minuten trocknen. Das Randenpapier in Vierecke von 10 x 12 cm schneiden und trocken lagern.

- Randeneis
200 g Randensaft | 100 g Läuterzucker | 70 g Himbeeressig | 1 Bl Gelatine

Gelatine in Wasser einweichen, die restlichen Zutaten zusammen vermengen. Die Gelatine dazugeben, alles in einen Pacojet-Becher fĂĽllen und gefrieren lassen. Wenn die Masse gefroren ist, durch den Pacojet lassen.

- Anrichten
Randenpapier | Randeneis | Rosenwasser (aus dem Fachgeschäft) | 1 frische rote Rose

Die Blätter der Rose entfernen, sodass nur der Stil übrigbleibt. Randenpapier auf einen Teller legen, das fertige Randen­eis mit einem Löffel abstechen und aufs Papier legen. Papier mit Rosenwasser besprühen (mithilfe eines Bestäubers). Das Papier zur Rose formen. Auf dem vorbereiteten Rosenstil servieren.



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