«Brutal ehrgeizig»

Mit der Nomination zur Köchin des Jahres 2021 machte Michèle Meiers Karriere im Luzerner Restaurant Lucide einen Sprung. Selbst ist die gleichermassen talentierte wie ambitionierte Köchin auf dem Boden geblieben. Was sie kreiert, macht Lust auf mehr.
Text: Sarah Kohler – Fotos: Njazi Nivokazi
Veröffentlicht: 05.04.2022 | Aus: Salz & Pfeffer 2/2022
Pulpo & Moules de Bouchot | Topinambur | Zitrone | Petersilie

«Alles kam unerwartet.»

Der Rummel ging mit der Gault-Millau-Ausgabe 2021 los: Michèle Meier erhielt 16 Punkte und den Titel Köchin des Jahres – für viele überraschend. «Für mich selbst zum Beispiel», erinnert sich die 43-Jährige. Die Stelle als Küchenchefin des Gourmetlokals des KKL Luzern hatte sie im April 2019 erst angetreten, die Neueröffnung des Restaurants unter dem Namen Lucide war im Frühling 2020 just mit der pandemiebedingten Zwangspause zusammengefallen. «Alles kam unerwartet.»

Inzwischen ist etwas Ruhe eingekehrt. Meiers fünfköpfige Brigade wirkt eingespielt, arbeitet konzentriert, aber entspannt. Am Chef ’s Table vor der offenen Küche spricht die Chefin derweil übers Loslassen. Sie habe lernen müssen, dem Team zu vertrauen, gesteht sie. Seit letztem Herbst obliegt ihr zusätzlich die Restaurantleitung und ist sie auch abseits vom Herd eingespannt. «Aber während des Service stehe ich ganz klar in der Küche», sagt Meier. «Mein Ehrgeiz ist brutal, das war er immer schon.»

Davon zeugt nicht zuletzt die Liste ihrer beruflichen Stationen. In einem 500-Seelen-Dorf im Kanton Bern aufgewachsen, wusste Meier früh, dass sie kochen will, wünschte sich zum Abschluss der Sek ihr erstes Kochbuch und startete in einem Landgasthof ihre Lehre. Rasch war klar, dass das nicht genügte. Ab dem zweiten Lehrjahr beim inzwischen verstorbenen Altmeister Nik Gygax im Löwen in Thörigen war das junge Talent gefordert. «Er schickte mich gleich in die Patisserie», erinnert sich Meier. «Blätterteig, Mini-Berliner, Sorbet – das war eine neue, andere Welt, viel spannender.» Den charakterstarken Küchenchefs und der französischen Klassik blieb sie fortan treu, heuerte bei Max Eichmann im Schloss Falkenstein in Niedergösgen an, bei Werner Martin in Flüh, bei Hans-Peter Suter im Kreuz in Emmen und zuletzt, erstmals als Küchenchefin, bei Hubert Erni im Blinker in Cham, bei dem sie einen Abstecher in die asiatische Kulinarik wagte.

Im Lucide setzt Meier auf eine elaborierte, lustvolle und experimentierfreudige Küche. Sie pflegt ihre klassisch französischen Wurzeln, wählt die Lebensmittel, die sie verarbeitet, mit Bedacht und lässt den Produkten auf dem Teller Raum zur Entfaltung. So gesehen, überrascht ihr durchschlagender Erfolg dann doch nicht.

Restaurant Lucide
KKL Luzern, Europaplatz 1, 6005 Luzern 041 226 71 10, lucide-luzern.ch

Gianduja | Apfel | Safran | Sauerteigbrot
Gitzi von Toni Odermatt | Zwiebel

Pulpo & Moules de Bouchot | Topinambur | Zitrone | Petersilie

 

Pulpo
1-2 kg Pulpo, Italien | Mirepoix | Rotwein

Pulpo, Mirepoix und zirka 1 dl Rotwein in Vakuumsack geben. 3 bis 31⁄2 Stunden im Steamer bei 89 °C dämpfen, je nach Grösse des Pulpo.

Moules de Bouchot
Miesmuscheln | Olivenöl | Knoblauch, in Scheiben | Schalotten, eminciert | Weisswein | Thymianzweige

Muscheln unter fliessendem kaltem Wasser gründlich reinigen. Olivenöl erhitzen. Knoblauch, Schalotten und Thymian- zweige kurz anziehen, mit Weisswein ablöschen und aufkochen. Muscheln dazugeben und mit Deckel verschliessen. Sobald sich die Muscheln geöffnet haben, vom Herd ziehen.

Zitronenvinaigrette
200 g weisser Balsamico | 300 g Rapsöl | 100 g Olivenöl | Zitronenzeste und -saft (von 2 Stück) | 25 g Salz | ca. 1⁄2 kleines Sieb Puderzucker

Topinamburschaum
225 g Kartoffeln, mehligkochend, netto | 250 g Topinambur, netto | 250 g Vollmilch | 120 g Vollrahm | Salz | Pfeffer | ganz wenig Muskat

Kartoffeln und Topinambur in dünne Scheiben schneiden. Alle Zutaten in einen Topf geben, weich kochen und mixen. Abschmecken, in Siphon abfüllen, eine Gaskartusche dazu und kräftig schütteln. Bei 54 °C im Sous-vide-Becken warm stellen. Bemerkung: Wenn vorhanden, Laura-Kartoffeln verwenden.

Petersilienöl
100 g Petersilie, gezupft | 125 g Rapsöl

Petersilie waschen, mit dem Öl in den Thermomix geben und bei 80 °C während zirka drei Minuten mixen. In eine Schüssel passieren und auf Eiswasser abkühlen. In einen Einwegspritzbeutel abfüllen und und diesen für einige Stunden aufhängen. Die getrennte abgesetzte Flüssigkeit mit einem kleinen Schnitt am Spitzende abfliessen lassen, das gewonnene Öl in eine Spritzflasche abfüllen. Bemerkung: Das Öl kann für mehrere Wochen in gut verschlossenem Behälter kühl gelagert werden.

Kartoffelperlen

schwarze Bohnen

Stangensellerie

Topinamburchips

Brunnenkresse

Gitzi von Toni Odermatt | Zwiebel

 

Gitzifüllung für Raviolo
Gitzi-Gigot | Salz | Pfeffer | Erdnussöl | Rosmarin- und Thymianzweige | Olivenöl | Nussbutter

Den Gigot würzen und in einer Pfanne in etwas Erdnussöl auf allen Seiten anbraten. Auf ein Stück Alufolie legen, Rosmarin- und Thymianzweige obendrauf geben sowie zirka 1 dl Olivenöl darübergiessen. Den Gigot einpacken, auf ein GN geben und im Ofen bei 140 °C rund 1 Stunde 45 Minuten garen. Etwas auskühlen lassen und zupfen. Währenddessen den aufgefangenen Saft in eine Sauteuse geben und einreduzieren, dann zum gezupften Fleisch geben, etwas Nussbutter zufügen und das Ganze abschmecken.

Pastateig
65 g Wasser | 250 g Eigelb | 500 g Weissmehl, gesiebt

Wasser und Eigelb in eine Schüssel geben, Mehl dazufügen und zu einem Teig kneten. Zusätzlich nochmals Wasser mit der Handfläche vorsichtig beigeben, bis der Teig geschmeidig und hart ist. Achtung: Teig nicht zu lange kneten, da er sonst zu elastisch wird. In Klarsichtfolie einwickeln und mindestens 30 Minuten ruhen lassen

Zwiebelcrème
500 g Zwiebeln | 75 g Butter | 1 EL Weissmehl | 125 g Geflügelfond | 125 g Vollrahm | Salz | Pfeffer

Zwiebeln emincieren und in Butter dünsten, mit Mehl stäuben. Geflügelfond aufgiessen und leicht kochen lassen. Rahm dazugeben, einreduzieren, mixen, passieren und abschmecken.

Gepickelte Perlzwiebeln
Perlzwiebel | Pickelfond

Zutaten für Pickelfond: 30 g Feinkristallzucker | 100 g Kräuteressig | 300 g Wasser | 10 g Salz | 10 g Senfkörner | 1 Stk. Zwiebel, geschält, geviertelt | 1 Stk. Knoblauchzehe, zerdrückt | 1 Bl. Lorbeer

Perlzwiebeln kurz blanchieren, abgiessen, schälen. Alle Zutaten für Pickelfond in Topf geben, aufkochen. Die Zwiebeln in sterilisierte Gläser abfüllen und mit dem heissen Pickelfond aufgiessen. Zirka 25 Minuten im Steamer bei 90 °C dämpfen.

Kotelett

Gemüsevinaigrette

grillierte Champignonscheiben

Kerbel

Jus

geröstete Perlzwiebeln

Gianduja | Apfel | Safran | Sauerteigbrot

 

Gianduja
2 Stk. Eier | 30 g Zucker | 1 EL Amaretto | 250 g Felchlin Maracaibo Clasificado 65% | 250 g Felchlin Fina Noble Grundmasse Gianduja | 4 dl Vollrahm, geschlagen

Couverture und Giandujamasse schmelzen, Eier und Zucker warm-kalt schlagen. Amaretto dazurühren. Couverture und Giandujamasse unterrühren, Rahm unterziehen. In die gewünschten Formen abfüllen, einige Stunden kühlstellen.

Safran-Apfelwürfel
500 g Golden Delicious | 15 g Rohrzucker | 25 g Feinkristallzucker | 75 g Apfelsaft, naturtrüb | 8 g Zitronensaft | Safran, gemahlen und Fäden

Apfelsorbet
1 kg Golden Delicious, Abschnitte gewürfelt | 35 g Rohrzucker | 155 g Feinkristallzucker | 450 g Apfelsaft, naturtrüb | Zitronensaft

Sauerteigbrotchips und -pulver

Portulak

Atsina-Kresse

Safran-Apfelgel



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