Von dieser Möglichkeit macht man bei Tibits Gebrauch. Beispielsweise fordere man Lieferanten dazu auf, grosse Gebinde einzusetzen, sagt Frei. So würden Süssmost, Eistee, Essig oder Olivenöl in Zehnliterbeuteln geliefert. «Davon, hier auf Glas umzustellen, sehen wir auch aus Umweltgründen ab», sagt Frei. «Die schwerere Fracht würde wohl zu einem erhöhten Benzinverbrauch führen.» Das kommt auf den Standort des Lieferanten an, weiss Expertin Kahlert: «Liegt er in der Region, hat Mehrwegglas etwa die bessere Ökobilanz als Pet. Bei langen Transportwegen hat Pet die Nase vorn.» Für Milchprodukte hat Tibits beim Lieferanten eine Speziallösung erwirkt: Sie kommen im Fünflitereimer. Ähnliche Lösungen habe man für eingelegte Oliven oder Peperoncini. «Der Wermutstropfen bleibt», sagt Frei, «dass die Gebinde aus Einwegplastik sind. Wir sind auf der Suche nach einem Hersteller, der uns eine Mehrweg-Alternative anbieten kann.»
Für Marius Frehner, der im Gamper eine kompromisslos regionale Küche pflegt, ist der enge Austausch mit Produzenten Teil seiner Philosophie. Er arbeitet mit einer Handvoll Bauern zusammen, auf die Karte kommt, was diese im Angebot haben. Vom Feld auf den Tisch, das ist im Gamper Alltag. «Plastikverpackungen sind im Einkauf daher eigentlich kaum ein Thema», sagt Frehner, «höchstens bei gewissen Milchprodukten.»
Und Hotel-Küchenchef Widmer hat schon vor Jahren damit angefangen, Lieferanten nach umweltfreundlicheren Verpackungen zu fragen. Falls der Metzger Fleisch vakuumieren soll, bittet Widmer ihn, grosse Beutel statt Kleinformate zu verwenden. Gemüse und Früchte kommen lose in der Mehrwegkiste, Kräuter in Papier gewickelt statt in der Plastikfolie. «Ich muss da kaum mehr Druck ausüben», sagt Widmer, «weil die vom Engrosmarkt mithelfen. Die Zeiten, als ich wegen Salatköpfen in Plastikfolie reklamieren musste, sind vorbei.»
Bei Importware ist die Sache komplizierter, wie die Erfahrung der SV Group zeigt. «Gerade beim Gemüse versuchen wir immer wieder, Einfluss zu nehmen, damit weniger Plastik zum Einsatz kommt, bleiben dabei aber meist erfolglos», sagt Manuela Stockmeyer, Medienverantwortliche beim Gemeinschaftsverpfleger. «Wir sind auf dem internationalen Markt zu klein, um eine Veränderung zu bewirken.» Tiziano Marinello, Frischwarenhändler, Mieter und Verwaltungsrat im Zürcher Engrosmarkt, kennt das Problem. «Bei Importware gibt es im Hinblick auf umweltfreundlichere Verpackungen viel Luft nach oben», sagt er. «Ich weiss nicht, was an folierten Gurken und Salaten hygienischer sein soll. Je nach Angebotslage findet sich aber nichts anderes.» Die Plastikfolie sei in diesem Fall nicht nur umweltbelastend, sondern auch unpraktisch: «Dann bestellt ein Gastronom 20 Kilogramm Gurken – und muss jede einzelne aus der Folie wickeln. Es ist schon vorgekommen, dass wir stundenlang Gurken auspackten, um Kunden nicht zu verärgern.»
Umso erfreulicher gestalte sich der Austausch mit heimischen Gemüse- und Früchteproduzenten. «Unsere Standardgemüse wie Brokkoli, Salat oder Karotten wachsen höchstens 25 Kilometer vom Engrosmarkt entfernt», sagt Marinello. «Wir pflegen einen engen Kontakt mit unseren Produzenten und konnten deshalb schon viele Verbesserungen erzielen.» So lieferten mittlerweile viele Bauern ihre Ware lose in Mehrwegkisten an. Zwiebeln kämen nicht mehr in plastifizierten Zehnersäcken, sondern in Paletten daher, wobei eine Palette rund 60 Säcke ersetze. «Bei manchen Lebensmitteln wie Salat bleibt es schwierig», sagt Marinello. «Einige Produzenten arbeiten auch für Grossverteiler, bei denen das Produkt länger halten muss. Eigens für uns eine Charge ohne Folie zu produzieren, wäre zu aufwendig.» Handlungsbedarf ortet der Frischwarenhändler bei den Einwegplastiksäcken. Pro Jahr braucht er für seine Kunden gut 250 000 davon. Demnächst wird Marinello auf eine Alternative aus Bioplastik umstellen. «Dafür zahlen wir einen Aufpreis von über 20 000 Franken pro Jahr», sagt er. «Aber es ist die schlauste Lösung, die uns einfällt.»