Kulinarische Beute

Zigerklee in der Honigmousse


Sie waren immer schon geschäftstüchtig, die Glarner. Zu Hunderten versorgten sie die Schweiz früher auf der Wanderschaft mit Schiefertafeln, mit Glarner Tüechli und Glarner Pastetli, vor allem aber mit dem giftgrünen Kräuter- und Schabziger. Von dem sie gar keck behaupten, er sei das älteste Markenprodukt der Schweiz. Da können die Appenzeller noch so toben mit ihrem Käse und ihrem ach so alten Kräutersulzgeheimnis, das im historischen Vergleich zum Glarner Ziger quasi in den Kinderschuhen steckt. So wie das Gewürz an sich, mit dem der Ziger versetzt wird: Als hätten es die Glarner für ihren Käse gepachtet! Dabei kannten schon die Römer seinen engsten Verwandten, das sogenannte Griechische Heu oder Fenugreek, allgemein bekannt als Bockshornklee.

Dass dieses im Vergleich zum Zigerklee relativ milde Gewürz bei uns ziemlich verbreitet ist, dürfte indes vor allem auf die Tausenden von Tamilen zurückzuführen sein, die das Methi (unter diesem Namen verkaufen die tamilischen und die indischen Fachgeschäfte die getrockneten Blätter des Bockshornklees) oft und gerne für ihre Currys verwenden. Höchste Zeit, auch dem Zigerklee seinen Platz in der hiesigen Küche einzuräumen. Denn das heuig-würzige, leicht bittere Kraut mit seinen nussigen Aromen harmoniert fantastisch mit unzähligen Speisen.

Die Südtiroler kennen es längst als «Brotklee» und versetzen damit zahlreiche ihrer wunderbaren Gebäcke. Derweil es dieses Gewürz in der Schweiz in jüngster Zeit auch in die Kreationen des begnadeten Toggenburger Käsers Willi Schmid geschafft hat. Er hat damit nicht nur einen rohmilchigen und weichschnittigen Halbhartkäse erschaffen, sondern auch einen Raclettekäse, der im Pfännchen fantastisch nach Walnüssen duftet. Vielseitig einsetzbar ist das Gewürz, auch wenn man es wegen seiner intensiven Aromen nur in geringen Dosen verwenden sollte. Etwa in einer Mayonnaise oder zur Würzung einer Gemüsejus. Oder auch nur als einfache Würze zu Bratkartoffeln und um einer sämigen Salatsauce etwas Kraft zu verleihen, wenn diese auf der Basis eines geschmacklich neutralen Pflanzenöls zusammengemischt ist.

Zur wahren Entdeckung wird die Trigonella caerulea – wie die Kleeart im Botanikerlatein genannt wird –, wenn man damit eine Honigmousse, einen Kirschauflauf oder den Guss für eine Apfelwähe würzt. Für Teige sollte man sich an die Südtiroler halten, die ihren Brotklee gerne mit Kümmel, Anis oder Fenchelsamen mischen. Da man davon nicht viel benötigt, lässt sich dieses Pflänzchen auch auf einer kleinen Fläche im eigenen Kräutergarten anbauen. Nach der Ernte muss man die Blätter nur gut trocknen und in dichten Gläsern aufbewahren, sodass sie ihre intensiven Aromen doch einige Monate bewahren. Sicherlich so lange, bis wir dereinst in trauter Runde und amtlich abgesegnet wieder gemeinsam unsere Brotbrocken ins mit Zigerklee gewürzte Fondue stecken dürfen.

Dominik Flammer

Autor, Ernährungsforscher und Betreiber der Agentur Public History Food, Zürich


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