Anschnitt

Eins plus für die künftige Käsevielfalt

Schweizer Käse steht zu Recht ganz oben auf den kulinarischen Hitlisten. Logisch: Kühe, Weiden, Milchbauern und Affineure geben alles, um den Geschmack auf den Gipfel zu treiben. Dennoch sind klare Grenzen gesetzt, denn bei aller Kunst können Aromen nur aus den vorhandenen Bestandteilen, also aus Milchproteinen, Milchfett und Milchzucker, entstehen. Den Rest besorgen Zeit und diverse Mikroorganismen in Kellern und Höhlen.

Inzwischen arbeiten in der Schweiz verschiedene Start-ups an veganen Produkten auf der Basis von Cashewnüssen, die nach dem Einweichen und Mahlen feine Massen mit Reifungspotenzial ergeben. Der Vorteil der Nüsse liegt in ihrer aromatischen Zurückhaltung und der gut regulierbaren Textur, die Spitzenköche sogar dazu anregt, daraus «vegane Stopflebern» zu kreieren. Auch für käseartige Produkte eignen sich Cashewnüsse bestens, bestehen sie doch aus Protein, Fett und Kohlenhydraten und bieten Mikroorganismen und Reifungskulturen damit eine satte Grundlage zur Aromenbildung. So lassen sich die Nussmassen zu käseartigen, wohlschmeckenden Kulinarien verarbeiten. Eigene Kellerküchenexperimente zeigen sogar ein gutes Wachstum von verschiedenen Edelschimmeln mit spannender Aromenentwicklung. Allerdings sind auch für dieses Handwerk die geschmacklichen Limits vorgegeben. Die biologisch bedingte unterschiedliche Verteilung der Fett- und Aminosäuren liefert zwingend andere Aromen als jene, die wir von Gruyère und Co. kennen.

Gut so! Denn dadurch entstehen neue, eigenständige Produkte, die Käsen problemlos Paroli bieten. Gleichberechtigt auf dem Käsewagen gesellt sich neben Kuh, Ziege und Schaf fortan also Nuss. Und keine Sorge: Für die begleitenden Getränke ist die Nussabteilung absolut das geringste Problem.

Thomas Vilgis

Physiker am Max-Planck-Institut für Polymerforschung
Ausgabe: Salz & Pfeffer 4/2021 / Datum: 31.08.2021


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