Neu überdacht

Die Gourmesse zieht um und erfindet sich neu. Ein besonderes Zückerchen liessen sich die Veranstalter für die Gastronomen einfallen.
Text: Delia Bachmann – Fotos: z. V. g.
Veröffentlicht: 11.09.2017 | Aus: Salz & Pfeffer 5/2017

«Uns bot sich die Gelegenheit, Neues auszuprobieren und Bewährtes zu überdenken. Diese haben wir am Schopf gepackt.»
Die neue Heimat in der Halle 622 ist nur eine der Veränderungen, welche die diesjährige Gourmesse prägen. Umso gespannter wird der Beginn der ältesten Genussmesse der Schweiz erwartet. Was das angeht, gibt es zwei gute Nachrichten zu vermelden: Die Gourmesse wird nicht nur um einen Monat in den September vorverschoben, sondern startet bereits einen Wochentag früher, am Donnerstag. Dafür kippten die Veranstalter den eher besucherschwachen Montag, der sich vor allem an Köche richtete, aus der Messe: «Die Leute gehen an Donnerstagen gerne aus. Der Wirtesonntag ist hingegen nicht mehr das, was er vor 23 Jahren einmal war», begründet Projektleiterin Vanessa Pua den Schritt. Nochmals zwei Stunden früher beginnt die Gourmesse für jene Gastronomen und Branchenvertreter, die sich für das Pre-Opening angemeldet haben. Sie werden ab 15 Uhr mit einem Willkommensdrink empfangen. Danach haben sie Zeit, die Messe zu erkunden, bevor der Ansturm kommt: «Das Pre-Opening ist eine exklusive Gelegenheit für Gastronomen, sich in einem ruhigen Rahmen mit den 150 Ausstellern auszutauschen.»

Wer möchte, kann in diesem Rahmen ab 15.30 Uhr an einem Rundgang zu den Themen Digitalisierung, Tradition oder Nachhaltigkeit teilnehmen. Es handelt sich dabei um die drei inhaltlichen Schwerpunkte der Messe. Dies ist nur eine der Änderungen, welche die Veranstalter infolge des Umzugs vom Zürcher Kongresshaus in die Halle 622 in Oerlikon vornahmen: «Uns bot sich die Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren und Bewährtes zu überdenken. Diese haben wir am Schopf gepackt», sagt Pua. Ein Treffen am Stand von Das Pure und Prorest, an dem es Second Cuts und einen 30 Kilogramm schweren, kaltgeräucherten Bodensee-Wels zu degustieren gibt, schliesst das Pre-Opening ab.

Wenn sich dann die Türen der einstigen ABB-Industriehallen für alle öffnen, geht es Schlag auf Schlag – der Donnerstagabend steht ganz im Zeichen der Digitalisierung. Den Auftakt macht Stefan Pabst vom Think-Thank W.I.R.E. mit einem Referat zu den Chancen und Risiken, die sie birgt (siehe Box). Danach diskutieren die Teilnehmer eines Podiums darüber, wie die Digitalisierung die Lebensmittelbranche revolutioniert. Als Höhepunkt des Abends verleiht die Gourmesse erstmals den Digital Food Award. Dieser zeichnet Firmen aus dem Food-Sektor aus, die den digitalen Weg erfolgreich gehen. Bei den über 20 Unternehmen, die sich bislang beworben haben, dürfte der Jury die Entscheidung nicht leichtfallen.

Keine Frage, der Eröffnungstag wird intensiv. Aber auch die kommenden Tage halten die eine oder andere Überraschung bereit. So viel vorneweg: Im Aussenbereich der Halle 622 werden die Besucher neu an Streetfood-Trucks mit Leckerbissen aus aller Welt verköstigt. Ein weiteres Novum ist die «Gourmesse Food-Kitchen powered by Samsung Chef Collection», welche den Besuchern die spannendsten Trends aus der Foodwelt näherbringt. Die Kochshows sind so angelegt, dass die Besucher praktische Tipps erhalten und die Gerichte am heimischen Herd nachkochen können. So geht jeder Besucher mit einem Stück Gourmesse nach Hause, das ihm die lange Wartezeit bis zur nächsten Messe versüsst.

Wo funktionieren die Lebensmittelbranche und speziell die Gastronomie heute schon digital?
Stefan Pabst: Restaurants präsentieren und inszenieren sich heute digital, sei es auf der eigenen Website oder in den sozialen Medien. Weitgehend digitalisiert ist auch der Vertrieb von Lebensmitteln: Über Online-Plattformen kann der Konsument bequem von zu Hause aus bestellen und alles Wissenswerte über ein Produkt in Erfahrungbringen. Diese Transparenz über die Herkunft oder die Zusammensetzung eines Produkts ermöglicht es ihm wiederum, gezielter auszuwählen. Weiter gibt es bereits viele neue Geräte mit digitalen Steuerungen auf dem Markt, die es Laien erleichtern, wie Profis zu kochen.

Was kommt als Nächstes?
In den nächsten drei bis vier Jahren wird Augmented Reality ein grosses Thema sein. Digitale Informationen als Text, Bild oder Video erweitern dabei die Realität des Nutzers. Bummelt er beispielsweise durch eine Ladenstrasse, bekommt er Infos zu den Geschäften und Restaurants auf seinem Smartphone-Display eingeblendet, wenn er mit der Kamera auf ein Gebäude zielt. Es kann aber auch eine intelligente Brille sein, die ihren Träger zum Beispiel beim Kochen unterstützt, indem sie die nächsten Arbeitsschritte einblendet.

Was braucht es, damit das funktioniert?
Voraussetzung ist unter anderem eine gute Bilderkennungssoftware. Diese Programme werden dank Big-Data-Analysen beziehungsweise Datenbankabgleichen immer besser. Die Anwendungen müssen zudem technologisch ausgereift sein und einen echten Mehrwert bieten, damit die Menschen sie tatsächlich einsetzen.

Welche Bereiche werden voraussichtlich nie digitalisiert?
Essen hat mit Empathie, mit sozialem Erleben zu tun. Überall dort, wo der Mensch einen Unterschied macht, beim Kreieren von neuen Rezepten oder beim Abschmecken einer Sauce, ist es unwahrscheinlich, dass er durch eine Maschine ersetzt wird. Ähnliches gilt für die Bedienung: Serviceroboter werden höchstens in grossen Kantinen Realität. Dort, wo das Essen entemotionalisiert und das individuelle Element nicht wichtig ist, ist Automatisierung möglich.

Was hat ein Wirt davon, wenn er sich heute schon mit der Digitalisierung auseinandersetzt?
Die Digitalisierung hat dem Menschen bereits viele Aufgaben abgenommen, die früher sehr mühsam und zeitaufwendig waren. Ein Wirt kann digitale Möglichkeiten nutzen, um seine Effizienz zu steigern, zum Beispiel mit einem intelligenten Logistiksystem. Im Minimum sollte er die Trends im Auge behalten und sich regelmässig die Frage stellen, welche Innovation für ihn sinnvoll sein könnte.

Welche Risiken birgt die Digitalisierung für die Gastronomie?
Es wird immer schwieriger, sich zu differenzieren. Wenn alle mit den gleichen Maschinen arbeiten und denselben Trends folgen, gleichen sich die Angebote zwangsläufig an. Gastronomen müssen daher entscheiden, welche Trends und Möglichkeiten sich für sie lohnen – und welche nicht. Sonst laufen sie Gefahr, sich zu verzetteln. Ein zweites Risiko besteht darin, gewisse Gäste zu überfordern. Deshalb sollten etwa Reservationen weiterhin auch auf traditionellem Weg möglich sein.

Welche Empfehlungen können Sie Gastronomen konkret mit auf den Weg geben?
Am Thema dranzubleiben und die digitalen Möglichkeiten im Kleinen auszuprobieren, zum Beispiel mit einem modernen Ofen, der aktiv in den Prozess eingreift, oder mit einem gut gepflegten Social-Media-Auftritt. Ebenso wichtig ist es, Projekten, die nicht laufen, den Stecker zu ziehen. Es gibt nichts Schlimmeres als einen Kanal, der nicht bewirtschaftet wird.

Gourmesse

Halle 622

Donnerstag, 21. September bis Sonntag, 24. September 2017
Therese-Giehse-Strasse 10
8050 Zürich
www.halle622.ch

Anreise
Auto: Auf dem Areal der Halle 622 stehen keine Parkplätze zur Verfügung. Die umliegenden Parkhäuser Center, Nordhaus und Cityport sind keine zwei Minuten Fussweg von der Halle entfernt und verfügen über insgesamt 670 Parkplätze.
Bus: Die Linien 64 oder 80 fahren bis zur Haltestelle Bahnhof Oerlikon Nord, die direkt vor der Halle 622 liegt.
Tram: Mit der Linie 11 bis Bahnhof Oerlikon, dann vier Minuten zu Fuss in Richtung Bahnhof Oerlikon Nord.
Zug: Bis Bahnhof Oerlikon, dann zwei Minuten zu Fuss in Richtung Bahnhof Oerlikon Nord

Öffnungszeiten
Donnerstag:    17 bis 22 Uhr
Freitag:           12 bis 22 Uhr
Samstag:        11 bis 21 Uhr 
Sonntag:         11 bis 18 Uhr

Tagesticket
CHF 20.– (Kinder, Rentner und Studenten bezahlen die Hälfte.)
Auf der Gourmesse-Website können Tickets zum halben Preis bezogen werden: www.gourmesse.ch/salz-pfeffer

Pre-Opening
Am Donnerstag von 15 bis 17 Uhr können Gastronomen und Branchenvertreter die Gourmesse bereits zwei Stunden vor dem offiziellen Messebeginn erkunden. Anmelden kann man sich bis zum 19. September über die Gourmesse-Website.

Digital Food Award
Am Donnerstag um 19.40 Uhr wird zum ersten Mal der Digital Food Award verliehen.

Infos und Anmeldung Pre-Opening
www.gourmesse.ch



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