Als Jüngster im erlauchten Kreis
Der Gault & Millau hat in Ascona seine Auswahl 2025 vorgestellt. Marco Campanella mischt die Spitze auf – und für Mitja Birlo gibts eine eigene Kategorie.
«Es gibt kein Lebensmittel, von dem wir so viel zu uns nehmen wie Wasser. Es ist höchste Zeit, sich auch da für Bio-Kriterien einzusetzen.»
Sie sind Getränkeunternehmer sowie Mitbegründer und Vorsitzender der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser, der mittlerweile zehn Mineralquellen in Deutschland angehören. Warum braucht es Bio-Mineralwasser?
Franz Ehrnsperger: Bio-Produkte sind eine Erfolgsgeschichte, der Absatz und das Interesse daran steigen stetig. Sei es Gemüse, Brot, Fleisch oder Fisch – bei den meisten Lebensmitteln hat nicht nur der Konsument, sondern auch der Gesetzgeber klare Vorstellungen davon, welche Kriterien sie für Bio-Qualität erfüllen müssen. Nun gibt es aber kein anderes Lebensmittel, von dem wir täglich so viel zu uns nehmen wie Wasser. Wir finden, es ist höchste Zeit, sich auch da für entsprechende Auflagen einzusetzen. Das Bio-Mineralwasser-Siegel ist der konsequente Übertrag der Bio-Prinzipien auf unser wichtigstes Lebensmittel. Und es ist die Antwort auf die zunehmende Grundwasserverschmutzung. 36 Prozent der deutschen Grundwasser-Körper sind laut Umweltbundesamt schon heute in chemisch schlechtem Zustand.
Was heisst das?
Dass dieses Wasser von Pestiziden, Nitrat oder anderen bedenklichen Inhaltstoffen wie etwa Medikamentenrückständen belastet ist – und zwar in einem Ausmass, das nach aktuellstem wissenschaftlichen Stand Anlass zur Sorge gibt. Die grösste Verunreinigung kommt dabei ganz klar aus der Landwirtschaft, aber auch die Industrie spielt eine Rolle.
Welche Auflagen mĂĽssen Betreiber von Mineralquellen fĂĽr das Bio-Siegel erfĂĽllen?
Unser Prinzip basiert auf mehreren Säulen. Zunächst einmal muss Bio-Mineralwasser aus Quellen kommen, die frei von Schadstoffen wie Pestiziden, Nitrat und dergleichen sind. Sprich: Da darf nichts drin sein, was nicht von Natur aus reingehört.
Auf Verschmutzungsfaktoren wie Nitrat haben Quellenbetreiber doch gar keinen Einfluss.
Auf den ersten Blick mögen Sie recht haben: Mineralquellen, die in Gebieten angesiedelt sind, wo der Zustand des Grundwassers zu wünschen übriglässt, kommen fürs Bio-Siegel gar nicht erst infrage. Es ist nun aber keinesfalls so, dass Quellenbetreiber nichts tun könnten. Das Bio-Siegel verpflichtet die zertifizierten Betriebe sogar dazu, sich aktiv für unser wichtigstes Lebensmittel einzusetzen und das Risiko von Wasserverunreinigungen auch für die Zukunft zu senken. So können Quellenbetreiber Einfluss nehmen, indem sie sich öffentlich für Umweltschutzmassnahmen und Umweltbildung einsetzen, sich vernetzen mit anderen Umweltschützern. Und ganz, wichtig: Sie müssen den Ökolandbau in ihrer Region fördern. So können Mineralquellen Partnerschaften mit engagierten Bauern eingehen und diese unterstützen. Hochwertiges Grundwasser verlangt nach humusreichen, durchlässigen Böden, wie sie nur der Ökolandbau ermöglicht. Eine ausreichend hohe Humusschicht lässt das Wasser tief genug einsickern und hat ausserdem eine hervorragende Filterfunktion. Durch konventionelle Landwirtschaft geht dagegen immer mehr Humus verloren. Bio-Mineralwasser-Brunnenbetriebe haben also die Pflicht, sich um den nachhaltigen Schutz der Quellen zu kümmern, damit auch zukünftige Generationen noch reines Wasser haben.
Was gehört da dazu?
Beim Mineralwasser war es lange ähnlich wie beim Mineralöl: Man bohrt ein Loch in die Erde, fördert zutage, was man kann, und wenn die Qualität abnimmt, bohrt man anderswo weiter. Bio-zertifizierte Mineralwasserhersteller haben da viel strengere Kriterien. Sie dürfen eine wasserführende Bodenschicht nicht bis zum Gehtnichtmehr ausbeuten, sondern müssen sie so pflegen, dass sie neuen Regen aufnehmen kann und kein Humus abgeschwemmt wird. Ausserdem fördern Bio-Quellen weniger Wasser, als selbst an heissen Tagen aus der Natur nachfliessen kann. So bleibt die Quelle immer regenerationsfähig, und die Gefahr einer Bodenverdichtung ist gebannt. Dann haben bio-zertifizierte Betriebe eine ganze Reihe von weiteren Pflichten, zum Beispiel müssen sie ihr Produkt umweltfreundlich verpacken. Und sie müssen Transparenz für die Verbraucher schaffen. Die sollen genau wissen, was in ihrer Flasche ist. So sind zum Beispiel alle Zertifizierungsergebnisse und die Bio-Mineralwasser-Richtlinien jederzeit im Netz einsehbar. Verstossen Betreiber gegen zentrale Kriterien der Richtlinien, verlieren sie das Siegel.
Wer fungiert dabei als PrĂĽf- und Zertifizierungsstelle?
Die BCS, Deutschlands älteste Bio-Prüfstelle. Vor 1995 gab es europaweit noch keine gesetzlich verankerten Bio-Kriterien, sie entwickelten sich alle aus privaten Standards heraus, die der Gesetzgeber irgendwann übernommen hat. Wir haben die Bio-Prinzipien eins zu eins auf Wasser übertragen – ich nehme an, dass der Gesetzgeber dereinst auch da nachziehen und unser Konzept zum Bio-Standard erheben wird.
Haben Sie Mitstreiter aus der Schweiz?
Wir haben immer wieder einmal Anfragen aus dem Ausland, aus der Schweiz war bisher keine dabei.
Franz Ehrnsperger gilt im deutschen Getränkemarkt als Bio-Pionier. Vor rund 25 Jahren etablierte er in seiner Brauerei Neumarkter Lammsbräu ein ökologisches Brauverfahren. Für sein Unternehmenskonzept wurde Ehrnsperger 2001 mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Heute ist die in der Oberpfalz angesiedelte Neumarkter Lammsbräu mit 18 verschiedenen Bio-Bieren, Bio-Limonaden und Biomineralwasser die grösste Brauerei für ökologische Getränke. Ehrnsperger ist ausserdem Vorsitzender der Qualitätsgemeinschaft für Bio-Mineralwasser, die als erste und einzige Organisation im deutschsprachigen Raum Richtlinien für eine nachhaltige, bio-zertifizierte Mineralwasserproduktion festgelegt hat. Ihr gehören in Deutschland zehn Mineralwasserquellen an. Mehr Informationen zur Organisation gibt es hier.