Mit grosser Kelle
Tobias Funke gibt im appenzellischen Heiden als Geschäftsführer des Gasthauses zur Fernsicht und als Küchenchef des zugehörigen Gourmetrestaurants Incantare Vollgas. Nebenher findet er Zeit, seine Gänge auf Perfektion zu trimmen.
«Ich wünsche mir das Naturabenteuer, aber mit Hotelstandard.»
Auftauchen, eine Idee umsetzen, wieder verschwinden und die Zelte anderswo aufschlagen: Was für Restaurant- und Shop-Konzepte funktioniert, findet jetzt auch Eingang in die Hotellerie. Pop-up-Hotels liegen im Trend. Aktuell lanciert zum Beispiel Schweiz Tourismus in elf Schweizer Städten eine Pop-up-Kampagne, die mit Übernachtungsmöglichkeiten an ungewöhnlichen Orten lockt. Etwa in Turmzimmern von Burgen, Bootshäusern am Rhein oder mitten in einem Café. Eine andere Idee verfolgt das Pop-up-Hotel des Appenzeller Werbers Silvio Seiler, das heute in Heiden eröffnet. Der zwei Zimmer umfassende Bau aus Holzlatten ist als Outdoor-Boutique-Hotel konzipiert, das auf Tour geht – sprich: überall auf- und wieder abgebaut werden kann, und das im Nu. «Der Gast soll sich stets in vertrauten vier Wänden wiederfinden, nach Hause kommen dürfen», sagt Seiler, «aber dabei immer wieder eine neue Umgebung erkunden.» Auf sein Hotelprojekt war Seiler durch eine sprichwörtliche Schnapsidee gekommen, als er in einer Bar Bekanntschaft mit einem Österreicher Architekten machte, der ihm von einem ähnlichen Modell erzählte.
An seinem ersten Standort auf einer Anhöhe über dem Bodensee bleibt das Pop-up-Hotel voraussichtlich bis Ende Oktober. Situiert auf dem Gelände des Gasthauses Fernsicht, werden die Gäste im kleinen Holzhaus auch von diesem betreut, etwa mit Frühstück im Zimmer versorgt. Ungleich vielen anderen Pop-up-Hotel-Konzepten, übernachten Seilers Gäste nicht in vollkommener Abgeschiedenheit, sondern immer mit Anbindung an einen bestehenden Gästebetrieb. «Der muss nicht gleich nebenan liegen», sagt Seiler, «aber die Gäste unmittelbar erreichen und betreuen können. Ich wünsche mir das Naturabenteuer, aber mit Hotelstandard.» Die zwei Zimmer des Pop-up-Hotels sind inklusive kleiner Terrasse je 32 Quadratmeter gross und mit Dusche, WC und Doppelbett ausgestattet. Eine Übernachtung mit Frühstück, das Gipfel, Kaffee und Apfel umfasst, kostet 230 Franken. Wenn es nach Seiler geht, soll dieser Preis Standard bleiben, egal, wo das Pop-up-Hotel seine Zelte aufschlägt. «Je nachdem können Hoteliers das Angebot mit Zusatzleistungen aufwerten», sagt Seiler, «das macht das Modell auch für den Gastgeber interessant.»
Wohin die Reise für das Pop-up-Hotel ab Herbst geht, steht in den Sternen. Sicher ist, dass auf seinen Prototypen weitere Modelle folgen sollen, wenn sich das Projekt als Erfolg erweist. Seiler schwebt gar eine Pop-up-Hotel-Kette mit Standorten im ganzen Land vor. Zunächst aber gelte es, Überzeugungsarbeit zu leisten: «Weitere mögliche Betreiber haben bereits Interesse bekundet. Sie sind begeistert von der Idee, trauten sich aber bisher nicht, darauf einzusteigen. Jetzt, da sie nicht nur Entwürfe, sondern das fertige Hotel zu Gesicht bekommen, wird es konkret.» Mit der Resonanz der Gäste, die ab heute einziehen können, ist Seiler zufrieden: «Es gehen jeden Tag zwei bis drei Buchungen ein. Angesichts der Tatsache, dass wir noch kaum die Werbetrommel gerührt haben, stimmt mich das zuversichtlich.»
Weitere Informationen zum Outdoor-Pop-up-Hotel gibts hier.