Fit für die Pflanzenküche

Die Zukunft gehöre der Pflanzenkost, sagen Trendforscher. Gastronomen, die sich dafür wappnen wollen, können sich bei Bettina Pfiffner von Vegan Rocks schlau machen.
Interview: Virginia Nolan – Fotos: z. V. g.
Veröffentlicht: 29.03.2018
Bettina Pfiffner, PR-Fachfrau und Eventmanagerin, war acht Jahre lang Projektleiterin von Best of Swiss Gastro. Sie hat ausserdem das Wirtepatent in der Tasche und liess sich in Kalifornien zum Vegan-Koch ausbilden. Heute vermittelt sie Gastronomen und Privatpersonen das Potenzial einer innovativen veganen Küche.

«Die Pflanzenküche interessiert nicht nur Veganer

Warum brauchen Gastronomen ein veganes Angebot?
Bettina Pfiffner: Die pflanzenbasierte Ernährung wird in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen, so lautet das Fazit der Trendforschung. Dafür sprechen auch die riesigen Summen, welche die Nahrungsmittelindustrie in die Entwicklung von Alternativen zu tierischen Proteinen investiert. Wir haben es hier also nicht mit einem Strohfeuer zu tun, sondern mit einem echten Bedürfnis, das sich etablieren wird. Entsprechend lohnt es sich für Gastronomen, ein paar schöne pflanzliche Gerichte auf die Karte zu nehmen – nicht nur für Veganer.

Sondern?
Die vermutlich interessanteste Zielgruppe sind die sogenannten Flexitarier, die alles essen, aber mit Bedacht. Sie sind gut informierte, neugierige Geniesser und wünschen sich eine innovative, vielseitige und hochwertige Küche. Wir gehen davon aus, dass rund 60 Prozent der Konsumenten und Gäste zu dieser Gruppe zählen. Auch in den veganen Kochkursen, die ich für Privatpersonen anbiete, sind diese Leute die am meisten gesehenen Teilnehmer. Die Pflanzenküche interessiert also längst nicht nur Veganer.

Sie bieten auch Coachings für Gastronomen an, die ihre Karte mit veganen Gerichten erweitern wollen. Was erwartet die Teilnehmer?
Das Programm ist individuell, ich orientiere mich an den Bedürfnissen des Betriebs. Am Anfang steht ein kurzer Theorieblock, der Begrifflichkeiten klären soll: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ich ein Gericht als vegan deklarieren kann? Da herrscht noch viel Unwissenheit. Vielen ist der Unterschied zwischen vegetarischem und veganem Essen nicht klar, und oft wird Veganismus mit allerlei Unverträglichkeiten gleichgesetzt. Das Coaching findet im Betrieb statt, und es wäre wünschenswert, wenn von Küche bis Service alle teilnehmen, damit es nachher auch klappt mit der Kommunikation. Und natürlich schauen wir uns die Karte an, kochen und rezeptieren gemeinsam.

Der italienische Klassiker kommt auch ohne Tierprodukte aus: Lasagne, diesmal in Rohkost-Version.
Ein Cheesecake macht sich immer gut: Wer vegane Gerichte auf die Karte setzt, sollte auch an Desserts denken. «Das geht gerne vergessen», sagt Pfiffner.

Worauf muss ein Betrieb achten, wenn er vegane Gerichte anbieten will?
Ich empfehle, möglichst nahe an der bestehenden Karte zu bleiben. Jeder Betrieb hat sein Konzept, seine eigene Linie, die soll er nicht mit irgendwelchen exotischen Neuzugängen verwässern. Meist bietet es sich also an, gewisse Gerichte zu «veganisieren» – am besten gleich auch den einen oder anderen Topseller. Spaghetti Carbonara oder Bolognese, saisonale Hits wie Spargeln an Sauce Hollandaise oder eine herbstliche Pilzpfanne mit Spätzli, um jetzt mal ein paar Klassiker zu nennen: Das geht alles prima ohne Tierprodukte und Zusatzaufwand. Bei Gerichten, die viele Leute mögen, lohnt es sich immer, eine vegane Version anzubieten – da greifen auch neugierige Allesesser gern zu.

Das Angebot an veganen Ersatzprodukten ist riesig. Wie soll ein Koch da die Übersicht bekommen?
Jeder, der sich erstmals auf die vegane Küche einlässt, kennt das Problem: Man kauft Sojamilch, und mit hoher Wahrscheinlichkeit schmeckt sie nicht, weil man aus gefühlt 700 Produkten das falsche gewählt hat. Dann findet man irgendwann die passende Lösung, merkt aber, dass sie nicht für jede Anwendung taugt. Sich im Dschungel des Angebots einen Überblick zu verschaffen, Erfahrungswerte zu sammeln, das dauert seine Zeit. Diese Odyssee will ich meinen Kunden praktischerweise ersparen.

Wie?
Sie bekommen von mir nicht nur ein Produktelexikon, das mein gesammeltes Wissen dokumentiert, wir gehen auch die Suche nach der passenden Lösung zusammen an, und zwar für jedes Rezept. Darum kochen und degustieren wir gemeinsam. Für veganes Essen gelten die üblichen Spielregeln: Es soll perfekt komponiert und abgeschmeckt sein – alles andere ist unbrauchbar. Das muss ich immer wieder betonen, denn mitunter herrscht sogar unter Köchen die etwas eigenartige Ansicht, es liege in der Natur der Sache, dass vegane Speisen «anders» oder «speziell» schmeckten. Wie auch immer, so schiessen sie beim Gast ein Eigentor. Wer mit seinem veganen Angebot Erfolg haben will, muss es ausserdem richtig kommunizieren. Sie wissen schon: «Tu Gutes und sprich darüber.»

Mehr zu Bettina Piffners Vegan-Coachings für Gastronomen gibts hier.



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