Als Jüngster im erlauchten Kreis
Der Gault & Millau hat in Ascona seine Auswahl 2025 vorgestellt. Marco Campanella mischt die Spitze auf – und für Mitja Birlo gibts eine eigene Kategorie.
«Mehr Unternehmertum würde Köchen gut tun.»
Sie sind neuer Präsident der Gilde etablierter Schweizer Gastronomen. Was gefällt Ihnen an dieser Aufgabe?
Gerhard Kiniger: Dass ich Verantwortung übernehmen kann. Es gibt – und das nicht nur im Gastgebewerbe – zu viele, die sich beschweren, aber untätig sind. Wer etwas verändern will, muss sich engagieren, und darauf freue ich mich.
Was wollen Sie denn verändern?
Ich wünsche mir mehr Selbstbewusstsein für Schweizer Gastronomen. In meiner neuen Position will ich mich dafür einsetzen, das Ansehen unserer Branche zu stärken. Für mich bedeutet dies einerseits, mit starkem Rückgrat für unsere Anliegen einzustehen, andererseits aber auch, Politik und Öffentlichkeit für diese zu sensibilisieren. Das gelingt aber nur mit vereinten Kräften, die Gastronomie hat ja keine Lobby. Gemeinsam sind wir stark. Eines meiner Hauptziele ist deshalb, die Zusammenarbeit mit den anderen grossen Fachvereinigungen und Berufsverbänden auszubauen.
Welche Themen werden die Gastronomie in naher Zukunft beschäftigen?
Ganz klar: Unser Nachwuchsproblem. Wo immer ich mich umhöre, haben Betriebe damit zu kämpfen. Vom Service bis zur Küche fehlt es an qualifizierten jungen Leuten, die unsere Berufe ergreifen wollen. Und hier kommen wir auf meinen ersten Punkt zurück: Wir müssen unser Image aufpolieren.
Dem Kochberuf scheint das nicht schlecht gelungen zu sein: Talentierte Jungköche werden gefeiert wie Rockstars, und trotzdem gibt es zu wenig Lehrlinge. Da drängt sich die Frage auf, ob sich die Problematik auf eine Image-Frage reduzieren lässt.
Im Kochberuf hat sich, was sein Ansehen betrifft, viel getan. Das Rockstar-Image der jungen Wilden gefällt mir gut. Diese Köche verdienen es, gefeiert zu werden, denn sie machen einen Top-Job. Es wäre schön, gäbe es solche Idole auch im Service – da ist der Aufholbedarf gross. Und nein, natürlich steht und fällt das Nachwuchsproblem nicht allein mit Imagefragen. Gerade beim Kochberuf, den viele Jugendliche nicht wählen, weil er körperlich streng und mit Arbeitszeiten verbunden ist, die nicht jeder auf sich nehmen will. Es gibt aber auch andere Baustellen, die als Hemmschuh wirken.
Zum Beispiel?
Mehr Unternehmertum würde Köchen gut tun. Ihr Handwerk beherrschen unsere Berufsleute, das ist keine Frage, aber mit den Zahlen hapert es. Die allerbesten Küchenkreationen nützen einem nichts, wenn man nicht über die Runden kommt. Gerade im Umfeld junger Köche verlässt man sich in betriebswirtschaftlichen Fragen gern auf Freundesfreunde, die im Bedarfsfall Hilfe versprechen, statt sich selbst mit der Materie auseinanderzusetzen. Das geht selten gut. Ich weiss schon: Nicht jeder, der die Kelle schwingt, mag auch mit Zahlen jonglieren. Auch ich musste mir einen Ruck geben, die Gastrounternehmer-Ausbildung G3 anzuhängen, aber es war schlicht nötig. Das Weiterbildungsangebot ist da, wir sollten es dringend nutzen – die Konkurse sprechen für sich. Um das Gastgewerbe für sich in Betracht zu ziehen, müssen die Jungen sehen, dass man damit auch Geld verdienen kann.
Gerhard Kiniger hat das Zepter als Präsident der Gilde etablierter Schweizer Gastronomen vergangenen Monat von René F. Maeder übernommen, der das Amt während 17 Jahren bekleidet hatte. Kiniger ist Küchenchef und Geschäftsführer im Restaurant zum Grünen Glas in Zürich, das er seit 2010 gemeinsam mit seiner Frau Katharina betreibt. Die Gilde etablierter Schweizer Gastronomen mit knapp 250 Betrieben ist eine Fachvereinigung von ausgewiesenen Köchen, die zugleich Inhaber eines gastronomischen Betriebes sind.