Als Jüngster im erlauchten Kreis
Der Gault & Millau hat in Ascona seine Auswahl 2025 vorgestellt. Marco Campanella mischt die Spitze auf – und für Mitja Birlo gibts eine eigene Kategorie.
«Wir wollen eine Brücke zwischen Gastronomie und Wissenschaft schlagen.»
Zwei Brüder, eine Idee: So startete Anfang 2019 das Schokoladenprojekt von Sandro und Marc Zinggeler. Das Duo entwickelte eine wahre Food-Sensation: Schokolade, die in den schönsten Regenbogenfarben schimmert, und das ganz ohne Zusatzstoffe. Streng genommen ist ihr Coup – beziehungsweise das Produkt, das sie demnächst auf den Markt bringen – aber nicht die Schokolade selbst, sondern eine spezielle Kunststofffolie, dank der jeder seine eigene «Regenbogenschokolade» herstellen kann. Deren Effekt entsteht allein durch eine eingeprägte Struktur. Sie bricht und reflektiert das Licht so, dass je nach Blickwinkel verschiedene Farben sichtbar werden.
Sandro Zinggeler ist Koch, zu seinen beruflichen Stationen zählen unter anderem das Waldhaus in Flims, das Mesa und der Münsterhof in Zürich und sowie das Drei-Sterne-Restaurant Akkelare in San Sebastian. Der Restaurantküche hat der 29-Jährige mittlerweile den Rücken gekehrt, um als Food Artist seine eigenen Wege zu gehen. Er entwickelt Gastrokonzepte und mischt die Cateringbranche mit frischen Ideen auf. «Die Spitzenküche war auf die Dauer nicht das, was ich mir erhofft hatte», sagt er, «ich habe viele Interessen, mag nicht nur in Menüs denken. Heute kann ich vieles verbinden: Kochen, Design, Grafik.» Die Regenbogenbogenschokolade vereint damit gleich drei seiner Steckenpferde – und das seines Bruders: die Wissenschaft. Marc Zinggeler ist Ingenieur am Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) und forscht an der Schnittstelle zwischen Chemie, Biologie und Systemtechnik.
Gestartet hat die Zusammenarbeit der Brüder mit einem Food-Event zum Thema künstliche Intelligenz. «So kam es, dass wir im Labor die ersten Folien für unsere Regenbogenschokolade prägten», sagt Sandro Zinggeler. «Die Technologie dahinter ist nicht neu. Man verwendet sie beispielsweise auch beim Druck von Banknoten, deren Motive je nach Blickwinkel in den verschiedensten Farben schimmern.» In der Natur beobachtet man das Phänomen etwa bei den schillernden Farben gewisser Käfer, Libellen oder Schmetterlingsflügel. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Farben oder Lacken beruhen ihre Muster nicht einfach auf Pigmenten, sondern auf Nanostrukturen: Die winzigen Rippen und Hohlräume der Insektenschuppen brechen und streuen das Licht so, dass irisierende Effekte entstehen. «Mithilfe modernster nanotechnologischer Methoden lässt sich dieses optische Prinzip nachbauen», sagt Zinggeler, «zum Beispiel, indem wir auf Kunststofffolie feinste Strukturen prägen, die dann von der Folie auf die Schokolade übergehen. Zieht man die Folie ab, erhält die Schokolade ihre Regenbogenfarben.»
Die Schokolade könne flüssig auf die Folie gegossen werden, es reiche aber auch, eine Tafel leicht zu erwärmen und die Folie anschliessend aufzudrücken, bis die Schokolade wieder abkühle. «Die Anwendung ist einfach», sagt Zinggeler, «das macht das Produkt sowohl für Chocolatiers, Köche und Caterer, aber auch für Hobbyköche oder Foodblogger interessant.» Auch Firmen, die sich für effektvolle, personalisierte Give-Aways interessieren, haben die Brüder für ihre «Chocofoil» im Visier.
Auf den Markt kommen soll die Folie in den nächsten Monaten, dann, wenn die Designphase abgeschlossen und alle für die Lebensmittelsicherheit relevanten Zertifikate eingeholt sind. Zum Kostenpunkt will Sandro Zinggeler sich noch nicht äussern: «Der variiert je nach Kundenwunsch. Wir werden uns aber sicher im oberen Preissegment bewegen, da die Herstellung des Stahlstempels, mit dem die Folie geprägt wird, zeitintensiv und teuer ist.» Dass ihre Idee ankommt, haben die Zinggelers am gemeinsam realisierten Food-Event deutlich gemerkt: «Die Gäste waren so begeistert, dass wir die Folien an weiteren Veranstaltungen einsetzten. Die Leute sind jedes Mal verblüfft.»
Grundsätzlich, sagen die Brüder, gingen sie dem Projekt vor allem als Hobby nach. Ansporn sei ihnen dabei die gemeinsame Zusammenarbeit und der Wunsch, eine Brücke zwischen Gastronomie und Wissenschaft zu schlagen. Ein kleiner Wermutstropfen trübte zum Ende des vergangenen Jahrs ihre Freude, als Forscher der ETH Zürich vermeldeten, sie hätten eine regenbogenfarbige Schokolade entwickelt und planten, diese patentieren zu lassen. «Die erste nanostrukturierte Schokolade wurde am CSEM schon vor rund 17 Jahren gemacht», sagt Marc Zinggeler, «lange bevor sich die ETH mit der Thematik befasste. Dass die ETH nun als Neuheit vorstellte, woran wir schon seit Anfang Jahr gearbeitet hatten, war im ersten Moment schon ein Dämpfer. Die Freude an der Sache und die Zuversicht, dass sie gut kommt, hat es uns aber nicht gekommen.»
Mehr Informationen über die Chocofoil und Bestellmöglichkeiten gibts hier.