Für Verrücktheiten
In den Räumen des ehemaligen Restaurants Ciro eröffnet im Dezember die Wild Bar. Ihre Macher sind in der Zürcher Gastro-Szene keine Unbekannten.
«Man isst es einfach gern, darüber braucht man nicht zu diskutieren.»
Es ist ein logischer Schritt, die natürliche Konsequenz ihrer Werdegänge: Elif Oskan und Markus Stöckle werden sesshaft. Heute eröffnen sie, zusammen mit dem befreundeten Quereinsteiger und ehemaligen Sommelier Patrick Isler, das Restaurant Rosi. Nach Jahren, in denen die beiden Szenegastronomen vor allem mit Pop-up-Projekten von sich reden machten, haben sie hier im Zürcher Kreis vier ein Zuhause gefunden.
Einem Grossteil des Publikums braucht man Oskan und Stöckle kaum mehr vorzustellen. Für den Rest seis an dieser Stelle zusammengefasst: Elif Oskan (27) ist gelernte Köchin und Patissiere, die Stationen bei Marcus Lindner absolvierte, an der Seite von Nenad Mlinarevic arbeitete, mit Sven Wassmer, unter Christian Nickel, bei Christian Geisler oder Fabian Spiquel. Während ihrer Zeit bei Drei-Sterne-Koch Heston Blumenthal im Londoner The Fat Duck lernte sie Markus Stöckle (28) kennen und lieben. Er amtete im weltberühmten Lokal als Chef de Partie und leitete die Entwicklungsküche. Gemeinsam gründete das Paar 2014 in Zürich das Cateringunternehmen und Dessertkonzept Miss Marshall und partizipierte in der Folge an diversen Pop-ups.
Nun also das eigene erste Restaurant. Mit dem Rosi bescheren Oskan, Stöckle und Isler der Stadt ein «Neo-Wirtshaus», in dem Gerichte auf den Tisch kommen, die von der bayrischen Esskultur sowie jener der angrenzenden Alpenregionen inspiriert sind. «Einfach zeitgenössisch interpretiert», erklärt Oskan. Im Zentrum stehen dabei stets Stöckles Wurzeln: Er wuchs im Allgäu auf einem Bio-Milchbauernhof auf und beschäftigte sich in den vergangenen Jahren stark mit der kulinarischen Historie seiner Heimat. So fliessen nicht zuletzt seine Recherchen über Johann Rottenhöfer, den Haushofmeister und Leibkoch von Märchenkönig Ludwig II., in die Speisekarte des Rosi ein. Auf den Teller kommen beispielsweise ein Backhendl oder ein – O-Ton Oskan – «total geiler» Wurstsalat mit hauchfeinen Lyonerscheiben und Kernöl. Wichtig ist den Gastronomen dabei vor allem, dass das Essen «keine Vorschulung braucht». Bei aller handwerklichen Raffinesse und Komplexität soll der Gast es unbeschwert geniessen und intuitiv verstehen. Ein gutes Beispiel dafür ist einer von Stöckles Klassikern: Spätzle mit Soss. «Das ist ein so souliges, tiefgründiges Gericht», schwärmt Oskan: «Man isst es einfach gern, darüber braucht man nicht zu diskutieren.» Mit dem massiven Aufwand, den Markus allein für die Sauce betreibt, darf sich der Gast im Rosi zwar gern aufhalten – er muss es aber nicht. Genauso wenig wie teilen: Auf der Karte stehen zwar kleine Gerichte, die sich dafür prima eignen, es ist aber auch völlig okay, individuell zu bestellen. «Ich kenne das selbst: Gewisse Sachen will ich für mich allein», so Oskan schmunzelnd.
Dass das Rosi in erster Linie eine Plattform für Stöckle ist, eine Referenz an seine Heimat und eine Bühne für den begnadeten Koch, um das zu tun, was er nicht nur am besten, sondern auch besser als so mancher andere kann – nämlich kochen –, stört Oskan nicht. Sie wird im Wirtshaus etwas weniger prominente Aufgaben übernehmen, die sie aber gerne mag: Die Desserts bleiben selbstredend ihr Steckenpferd, darüber hinaus kümmert sie sich um Organisatorisches und steht bei Gelegenheit auch mal an der Front beim Gast. Mit Patrick Isler, der unter anderem den Wein kuratiert, teilt sie sich die Geschäftsleitung.
Mit dem Austüfteln eines Konzepts habe sich das Trio nicht lang aufhalten müssen, erzählt Oskan. «Markus kommt aus dem Allgäu, da gabs nicht gross was auszudenken», sagt sie und lacht. Tatsächlich wirkt es ganz so, als stecke im Rosi zwar eine Menge Arbeit, aber wenig Mühe: Ihre Vision vom modernen bayrischen Wirtshaus umzusetzen, scheint den findigen Gastronomen leicht zu fallen. Zumal Oskan und Stöckle den Aufwand nie scheuen. «Wir arbeiten beide sehr gern», betont die Köchin – aber auch, dass die vielen kurzfristigen Projekte an den Kräften zehrten. «Für uns ist die Zeit der Pop-ups vorbei.» Sie habe in den vergangenen Jahren allerdings Wichtiges gelernt, sagt Oskan weiter: «Zum Beispiel, mit wenigen Mitteln und den verschiedensten Menschen etwas auf die Beine zu stellen, an meine Grenzen zu gehen und meine Erwartungen den vorhandenen Kompetenzen anzupassen, unternehmerisch zu denken, auf meinen Bauch zu hören... Und ich erkannte, was ich möchte – und was eben nicht.» In erster Linie wollen Elif Oskan und Markus Stöckle nun eigene Entscheidungen treffen und keine Kompromisse eingehen, wenns um die Qualität geht: Und da kommt das Rosi gerade recht.
Das Wirtshaus Rosi feiert heute Eröffnung. In einem ersten Schritt ist es täglich geöffnet, ab 22. Januar mit einem leicht modifizierten Kantine-Konzept auch mittags.
Rosi, Sihlfeldstrasse 89, 8004 Zürich, 044 291 68 25, www.rosi.restaurant