Als Jüngster im erlauchten Kreis
Der Gault & Millau hat in Ascona seine Auswahl 2025 vorgestellt. Marco Campanella mischt die Spitze auf – und für Mitja Birlo gibts eine eigene Kategorie.
«Die Beziehung zwischen Bauern und Köchen spielt eine Schlüsselrolle.»
Was erwartet Besucher im Culinarium Alpinum?
Dominik Flammer: Das Culinarium Alpinum ist das führende Kompetenzzentrum für Regionalkulinarik. Es führt eine Herberge und ein Restaurant, das letzte Woche eröffnet hat. Die Gaststube arbeitet mit unverfälschten Lokalprodukten, hauptsächlich aus der Innerschweiz und vorzugsweise aus biologischem Anbau. Anfang September nimmt der Käsekeller seinen Betrieb auf: Im Kellergewölbe des Culinarium Alpinum bekommt der Alpsbrinz, der älteste Alpkäse der Schweiz, eine neue Heimat. Die Stanser Molkerei Barmettler wird hier Käse von acht Alpsbrinz-Produzenten lagern, affinieren und vermarkten. Ein weiteres Highlight ist der Klostergarten. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Pro Specie Rara entstehen dort bis im Sommer 2021 eine essbare Landschaft mit rund 500 verschiedenen Beeren- und Obstsorten sowie ein aussergewöhnlicher Kräutergarten. Dann spielt das Tagungs- und Kurszentrum, das wir hier aufbauen, eine Schlüsselrolle. Es bietet Bildung und Beratung zum Thema Kulinarik des Alpenraums an.
Was macht den Alpenraum aus kulinarischer Sicht interessant?
Durch ihre geografische Lage im Herzen Europas, aber auch durch die Tradition der global orientierten Spitzenhotellerie verfügt die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern über eine der internationalsten Küchen. Das ist sicher bereichernd. Es lohnt sich aber auch, sozusagen einen Blick vor die Haustür zu werfen: Das Leben im Alpenraum hat, teilweise auch durch erschwerte klimatische und geografische Bedingungen, welche die Menschen erfinderisch machten, eine unglaubliche Diversität an Produkten, Rezepten und kulinarischem Handwerk hervorgebracht. Diese Vielfalt, verbunden mit dem unschätzbaren kulinarischen Wissen dahinter, wollen wir mit dem Culinarium Alpinum neu entdecken. Im September beginnen die ersten Kurse.
Worum geht es?
Es dreht sich alles um die Vielfalt des Alpenraums. In einem der ersten Kurse geht es beispielsweise um Süsswasserfische. Köche erfahren, was unsere heimischen Gewässer in diesem Zusammenhang zu bieten haben und was sich damit machen lässt. Dabei richten wir ein besonderes Augenmerk auf Arten, die der Konsument eher links liegen lässt – Weissfische, zum Beispiel. Es gilt, deren kulinarisches Potenzial auszuloten, verkannten Delikatessen auf die Spur zu kommen. Den Kurs leiten Patrick Marxer, Profi im Veredeln von Weissfischen, Rafael Waber von Swiss Shrimp und Nils Hofer, Berufsfischer am Vierwaldstättersee und einer der Innovativsten seiner Garde. Zu seinen Delikatessen gehören beispielsweise Rogen vom Albeli, der kleinsten Felchenart im Vierwaldstättersee. Im September wird es beispielsweise auch einen Workshop mit der Buchautorin und Bloggerin Nicole Klauss geben, die Gastronomen rund ums Thema alkoholfreie Getränkebegleitung beraten und inspirieren wird.
Demnach richten sich die Kurse vor allem an Personen, die sich professionell mit Essen und Kulinarik beschäftigen?
In einem ersten Schritt hat sich dieser Fokus so ergeben, in der weiteren Kursplanung wollen wir aber auch interessierte Laien ansprechen, etwa mit Sauerteigkursen für Hobbybäcker, Vorträgen und Workshops zu weiteren Themen. Im Culinarium Alpinum verfolgen wir ja einen interdisziplinären Ansatz: Köche und Schnapsbrenner, Bäuerinnen und Marketingprofis, Metzger und Hobbybäcker, Käseprofis und Bäckermeister kommen hier zusammen, um die Zukunft unseres kulinarischen Kulturraums zu gestalten. Eines unserer Hauptanliegen ist es, unsere Partner besser zu vernetzen.
Inwiefern?
Unsere Kooperationspartner kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen – aus der Landwirtschaft, der Bio-Bewegung, aus Branchenorganisationen wie dem Schweizer Kochverband, Gastrosuisse oder Hotelleriesuisse, auch das Forschungsinstitut für biologischen Landbau, die Hotelfachschule Thun oder Richemont, das Kompetenzzentrum für Konditorei und Confiserie, sind an Bord. Mit dem Culinarium Alpinum wollen wir eine Plattform schaffen, die den Partnern die Möglichkeit für Austausch und Zusammenarbeit bietet, aber auch die Chance, ihre Themen über die eigenen Kanäle hinaus zu platzieren und ihre Expertise branchenübergreifend einzubringen.
Was schwebt Ihnen vor?
Zum Beispiel gibt es in den Bio-Verbänden und der Landwirtschaft viel Know-how auf Produzentenseite, das für die Gastronomie wertvoll wäre, dort aber noch nicht angekommen ist. Umgekehrt bietet sich für Branchenorganisation wie Gastrosuisse via Culinarium Alpinum eine attraktive Möglichkeit, ihre Kurse und Angebote bei Interessenten zu bewerben, die sie über die brancheneigenen Kanäle nicht erreichen würden. Mit diesem partnerschaftlichen Ansatz verfolgt das Culinarium Alpinum auch eines seiner Hauptziele: Die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit der Landwirte und aller, die in der Wertschöpfungskette beteiligt sind, zu stärken und ihre Marktchancen zu erhöhen. Die Beziehung zwischen Bauern und Köchen spielt dabei eine Schlüsselrolle. Wir wollen sie direkt vernetzen, gemeinsam mit dem Landwirtschaftsamt des Kantons Nidwalden und weiteren Partnern planen wir aber auch Kursangebote für Bäuerinnen und Bauern zu Themen wie Direktvermarktung, Verkaufsförderungsmassnahmen oder Logistikfragen. Es geht auch darum, ihnen Schritt für Schritt die Tore zu Branchenorganisationen wie Gastrosuisse oder Hotelleriesuisse zu öffnen.
Die ersten Kurse im Culinarium Alpinum starten bald. Wie ist die Resonanz auf das Angebot?
Recht erfreulich, zumal wir bisher noch kaum Zeit hatten, es zu bewerben. Da sind wir jetzt dran. Wir werden das Angebot nun laufend aktualisieren und ergänzen, es ist bereits eine sehr schöne und vielfältige Auswahl vorhanden.
Dominik Flammer ist Autor, Ernährungsforscher, Betreiber der Agentur Public History Food und Initiant des Culinarium Alpinum in Stans. Dieses versteht sich als führendes Kompetenzzentrum für die Kulinarik des Alpenraums und öffnet ab September im ehemaligen Kapuzinerkloster an der Mürg seine Tore. Zum Kompetenzzentrum gehören nebst Kurs- und Schulungsangebot auch eine Herberge sowie ein Restaurant, das bereits eröffnet hat. Hauptbetreiberin des Culinarium Alpinum ist die Stiftung Kulinarisches Erbe der Alpen (Keda), als weitere Mitstreiter hat Flammer zahlreiche Verbände und Branchenorganisationen aus Landwirtschaft, Gastronomie, Hotellerie, Bio-Bewegung und Forschung ins Boot geholt. Die ersten Kurse beginnen im September. Wursten in der Profiküche, regionale Edelbrände, Speisekartengestaltung mit lokalem Fokus, Käsekompetenz vom Profi oder heimische Wildfische und Gemüsesorten: Das sind nur einige der Programmpunkte im vielfältigen Angebot, das sich insbesondere auch an Gastronomen richtet. Mehr Informationen zum Kursangebot gibt es hier.