Wo Liebe sich auszahlt

Bald ist Valentinstag. Damit sich Amors Wirkung im Umsatz bemerkbar macht, gilt es als Gastronom einiges zu beachten. Sicher ist: Mit ein paar Rosen ist es nicht getan.
Text: Virginia Nolan – Fotos: z. V. g.
Veröffentlicht: 11.02.2019
Nicht zu schwer und anregend: So kommt das perfekte Valentins-Dinner daher. Gelingt es, beschert es dem Gastronomen umsatzmässig einen Samstagabend mitten unter der Woche.

«Es funktioniert nur mit einer guten Geschichte.»

Böse Zungen behaupten, der Valentinstag sei eine Erfindung geschäftstüchtiger Floristen, ein reiner Marketinggag, um die Kassen klingeln zu lassen. Den Verliebten, die den Tag feiern wollen, ist das vermutlich herzlich egal: Die Popularität des Valentinstags scheint eher zu- als abzunehmen. Anders lässt es sich nicht erklären, dass die Branchenriesen unter den Detailhändlern den Termin Jahr für Jahr mehr ausschlachten. Lohnt es sich für Gastronomen, mitzuziehen?

«Natürlich», sagt Janik Staub, Leiter Restaurant im Hotel Banana City in Winterthur. «Alles andere wäre eine verpasste Chance.» Das Vier-Sterne-Hotel hat vor fünf Jahren damit angefangen, den Valentinstag mit Spezialangeboten zu bewerben. Dazu gehören zum Beispiel die romantisch dekorierte Valentins-Suite, oder, wenn der Tag auf den richtigen Termin fällt, entsprechende Wochenend-Pakete für Verliebte. Die Hauptattraktion ist jedoch das jährliche Valentinstags-Dinner im hoteleigenen Restaurant Banane. «Wir schreiben das Menü bereits im Sommer», sagt Staub, «und kündigen den Event ein halbes Jahr vorher im Internet an – zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz so prominent, natürlich. Sobald Weihnachts- und Neujahrsfeier vorbei sind, rückt das Dinner an erste Stelle. Dann pushen wir es nicht nur online, sondern auch mit Flyern.» Seit Lancierung des Valentins-Dinners im Jahr 2014 nehme die Zahl der Reservationen zu, nicht explosiv, aber stetig. «Aktuell sind wir bei 50 bis 60 Personen, also 20 bis 30 gebuchten Tischen», sagt Staub, «und 40 Prozent der Gäste übernachten im Anschluss in einer Valentins-Suite.» Das Umsatzplus beziffert Staub im Vergleich zu einem regulären Wochenabend auf rund 40 Prozent: «Und da gibt es bestimmt noch Luft nach oben. Das geschäftliche Potenzial des Valentinstags ist gross.»

Wie können Gastronomen es ausschöpfen? «Das funktioniert nur mit einer guten Geschichte», glaubt Christian Krahnstöver, Geschäftsführer im L’Amant. Die Brasserie gehört zum Vier-Sterne-Hotel Four Points by Sheraton in Zürich. Hier verschreibt man sich nicht nur an Valentinstag, sondern das ganze Jahr über der Liebe. So leitet sich der Name der Brasserie von Marguerite Duras’ «L’Amant» ab. Die autobiografische Erzählung, deren Handlung sich im ehemaligen Indochina abspielt, heisst auf Deutsch «Der Liebhaber» und ging als grosser Liebesroman in die Geschichte ein. Der Buchvorlage nachempfunden ist auch das Konzept der Brasserie, die mit ihrer Innenarchitektur und einer franko-asiatischen Fusion-Küche an den Glanz des alten Indochina erinnert und sich als «Ort der Verführung» versteht. Den Valentinstag feierlich zu begehen, biete sich fürs L’Amant geradezu an, in dem sich das Liebesthema wie ein roter Faden durchs Betriebskonzept ziehe, sagt Restaurantleiter Krahnstöver. «Wir schütteln zum Valentinstag nicht etwas völlig Neues aus dem Ärmel», sagt er, «sondern knüpfen an ein Thema an, das uns das ganze Jahr über begleitet. Das macht es uns am Valentinstag etwas einfacher.» Für Krahnstöver gibt es nicht nur beim Geschäftspotenzial des Valentinstags, sondern auch bei dessen gastronomischer Umsetzung noch Luft nach oben: «Mit Rosen, Kerzenlicht und Herzchen-Deko gewinnt man keinen Blumentopf. Das Gästeerlebnis muss durchdacht sein. Sonst lässt mans lieber bleiben.»

Das Hotel Opera in Zürich bietet Verliebten einen Picknickkorb zum Mitnehmen oder Geniessen auf der mit Wolldecken und Heizpilzen ausgestatteten Dachterrasse an.

Gleich sieht das Michael Böhler, Direktor im Hotel Opera in Zürich, welches in seinem gleichnamigen Gourmetrestaurant den Valentinstag seit fünf Jahren sowohl mit einem Dinner als auch mit einem Picknickkorb für Verliebte feiert. Das perfekte Valentins-Menü, sagt er, solle anregend und auf keinen Fall zu schwer daherkommen: «Für die Pärchen soll es nach dem Dinner schliesslich noch weitergehen – wohin auch immer es sie zieht.» Besser also, man lasse die Turteltäubchen nicht durch schwere Rotweine oder allzu mächtige Saucen frühzeitig ermüden. «Bekömmlich und anregend», sagt Böhler, «so lautet am Valentinsabend die Devise. Unser Küchenchef David Krüger setzt sie bis ins Detail um. Das beginnt schon mit der Wahl der richtigen Kräuter, die er selbst sammelt.»

Schokolade, Feigen, Krustentiere und Fische, Randen, Chili oder Estragon: Ingredienzen, denen eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird, dürfen am Valentins-Dinner nicht fehlen, finden sowohl Böhler als auch Krahnstöver. Für Restaurantleiter Staub vom Hotel Banana City sind sie nicht zwingend: «Für unseren Küchenchef steht im Vordergrund, seine Philosophie und kulinarische Handschrift zu bewahren – auch am Valentinstag, allein für den Wiedererkennungswert beim Gast.» Trotz lockendem Umsatzplus authentisch zu bleiben, findet auch Hoteldirektor Böhler wichtig: «In der Schweiz wird der Valentinstag traditionell nicht so gross geschrieben wie etwa im angelsächsischen Raum. Wir sollten ihn daher nicht zu aggressiv pushen, sondern dem Gast mit schönen Angeboten Lust auf mehr Zweisamkeit machen.» Gelingt das, macht sich Amors Wirkung auch in der Kasse bemerkbar, weiss Böhler: «Dann ist der Valentinstag wie ein guter Samstagabend, einfach unter der Woche.» Ebenso sicher ist sich Böhler darin, dass der Valentinstag in Zukunft eine noch grössere Rolle spielen wird, gerade in der Gastronomie: «Der Termin wird sich etablieren wie Muttertag.»



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