«Es zieht mich zurück in diese Welt, c’est plus fort que moi.»
Sie kommt mit aufgesetzter Toque daher: Elodie Manesse, 24 Jahre alt und seit kurzem die jüngste Gewinnerin des nationalen Wettbewerbs Goldener Koch von Kadi. Ihr Arbeitsplatz, das Restaurant Vieux-Bois der Genfer Hotelfachschule, liegt im Epizentrum der internationalen Politik: am Rande des Botanischen Gartens, hinter dem Hauptsitz der Uno und vor jenem des Internationalen Roten Kreuzes.
Seit zehn Monaten kocht Manesse hier, als Entremetier, nachdem sie drei Jahre im Drei-Sterne-Haus Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier überstanden hatte. In dieser Zeit gewann sie den Goldenen Koch bereits einmal, als Commis von Filipe Fonseca Pinheiro. «Ich musste einmal durchschnaufen», sagt sie zu ihrem Abgang. Doch fernab der Sterne-Gastronomie fühlte sich die Waadtländerin sehr bald unterfordert. «Mir war ein bisschen langweilig», gesteht sie. Deshalb meldete sie sich rund zwei Jahre nach ihrem ersten Triumph erneut beim Wettbewerb an.
Zusammen mit dem Lehrling Robin Bessir trainierte sie während vier Monaten nach jedem Service. Achtmal kochten sie das komplette Programm: einen Fisch- und einen Fleischgang in fünfeinhalb Stunden. Unterstützung erhielt Manesse von Benoît Guichard, Meilleur Ouvrier de France, der Franck Giovannini seit einiger Zeit unterstützt. Er nahm ihre Kochtechniken unter die Lupe, feilte mit ihr an den Details. Terence Equey, ebenfalls ein Bekannter von Giovannini, half ihr, die Garnituren optisch zu perfektionieren.
Ob sie nach dem Halbfinale, das sie gewonnen hatte, Druck verspürte? «Eigentlich nicht, ich war nur nervös, weil Franck in der Jury sass. Ich wollte meinen ehemaligen Chef auf keinen Fall enttäuschen.» Sie tat es nicht. Als erste Frau gewann Manesse den prestigeträchtigen Titel, der erst 17-jährige Bessir wurde zudem zum besten Commis gewählt.
«Wir haben den Sieg zu zweit geholt, ohne Robin wäre es nicht gegangen», sagt Manesse und weiss genau, wie sich das anfühlt. Lange wird sie wohl nicht im Restaurant Vieux-Bois bleiben. «Es ist spannend, weil in der Küche Lehrlinge und Absolventen der Hotelfachschule arbeiten.» Aber sie spüre die Verlockung zurückzukehren, zu einer grossen Brigade in einem grossen Haus, mit dem Druck und dem Adrenalin der Spitzenküche. «Es zieht mich zurück in diese Welt, c’est plus fort que moi.»
Restaurant Vieux-Bois, Avenue de la Paix 12, 1202 Genf, www.restaurant-vieux-bois.ch