Eigenes Reich

Nach vielen Jahren als Souschef von Fabian Fuchs hat Julian Marti im Zürcher Restaurant Equitable mittlerweile das Küchenzepter übernommen. Was hat sich verändert, was ist geblieben? Der 32-Jährige zeigt in drei Gängen, wo er gerade steht.
Text: Sarah Kohler – Fotos: Stefan Kaiser
Veröffentlicht: 11.10.2022 | Aus: Salz & Pfeffer 5/2022
Konfierter Alpenzander, Zucchetti, Senfsauce, Aprikose, Estragon

«Mehr Handgriffe liegen kaum drin.»

Eins hat sich im Zürcher Equitable auf jeden Fall verändert: Als Fabian Fuchs die Küchenleitung an seinen langjährigen Souschef Julian Marti übergab, endete auch die einigermassen friedfertige Koexistenz der beiden Zürcher Fussballclubs in der winzigen Restaurantküche. Alle Grasshoppers-Devotionalien mussten weichen, der FC Zürich regiert hier seither allein. Marti lacht beim Gedanken daran. Aller sportlichen Rivalität zum Trotz: Das Verhältnis zum früheren Chef ist eng.

Und doch bedeutet es Marti spürbar viel, dass das 2012 unter Berufung auf ein kulinarisches Manifest gegründete Lokal nun sein eigenes Reich ist. Seit März dieses Jahres offiziell. «Und es ist schon einiges anders.» Was genau? Das zu beschreiben fällt Marti schwer. Immerhin ist der Kochstil des 32-Jährigen von einer Reihe beruflicher Stationen geprägt. Von der Lehre im Hotel Storchen in Zürich. Von wiederholten Engagements an der Seite von Antonio Colaianni und Antonino Alampi, die ihn nicht nur die italienische Küche, sondern auch die Sprache lehrten. Von Stages im Koks auf den Färöern oder im Aponiente in der spanischen Provinz Cadíz. Und eben von seiner Zeit im Equitable: 2014 für zwei Jahre, dann wieder seit Herbst 2019.

Der Übergang vom Vize zum Chef war fliessend: Als sich Fuchs im Herbst 2021 eine Auszeit für die Familie nahm, überliess er Marti das Geschehen vor Ort. Das sei ein Vorteil gewesen, sagt dieser: «Während Fabian nach aussen hin noch die Verantwortung übernahm, konnte ich ohne grossen Druck immer mehr Eigenes einfliessen lassen.» Dass vieles von dem, was Marti auf seiner Karte heute zeigt, eine Entwicklung des Bisherigen im Equitable ist, versteht sich von selbst – er war daran ja auch beteiligt.

Nicht zuletzt sind seine Gerichte auch von den Bedingungen geformt, unter denen sie entstehen. Der Platz in der Küche reicht knapp für zwei Köche. «Wir müssen viel vorbereiten, mehr Handgriffe liegen kaum drin.» Mit dem 24-jährigen Cédric Campera, der seit Juni an seiner Seite steht, fällt ihm die Zusammenarbeit sichtbar leicht. Und auch an der Front hat Marti einen Partner, auf den er sich voll verlassen kann: Der 28-jährige Gastgeber und Sommelier des Hauses, Maximilian Dullinger, prägt das Equitable ebenso lange mit wie er selbst. «Wir verstehen uns blind.» 

Restaurant Equitable
Stauffacherstrasse 163, 8004 Zürich
043 534 82 77
equi-table.ch

Kalbsmilke, Artischocke, Petersilie
Bauch und Rücken vom Kuro-Schwein, Brotschnitt, Pilze, Kapuzinerkresse

Kalbsmilke, Artischocke, Petersilie

Milken 
500 g Kalkbsmilken

Die Milken für zirka 30 Minuten wässern, die feine Haut abziehen und in walnussgrosse Stücke zupfen. In einen Vakuumsack geben und bei 61° C im Wasserbad garen oder im Steamer dämpfen und im Eiswasser abkühlen. Danach in kleine Stücke zupfen und auf einem Papier abtrocknen. Vor dem Anrichten in eine heisse Bratpfanne geben und mit einem Stück Butter golden anbraten. Zum Schluss mit einem Esslöffel Jus glasieren. 

Artischockenböden 
1 l Wasser | 1 EL Zucker | 1 EL Salz | 1 EL Rapsöl, kaltgepresst | 1/3 EL Ascorbinsäure

Den Stiel der Artischocke vorsichtig herausbrechen und die grossen Blätter aussen abnehmen. Die Blätter mit einem Brotmesser zirka daumenbreit oberhalb des Stielansatzes abschneiden, den Artischockenboden anschliessend mit einem Küchenmesser tournieren und die feinen Haare in der Mitte mit einem Perlenausstecher entfernen. Die Böden in die Flüssigkeit geben und zirka 8 Minuten köcheln lassen, bis sie gar sind. Danach im Fond auskühlen lassen. In Spickel schneiden und bis zum Service im Fond aufbewahren. Für das Gericht werden die Artischockenböden kurz in Rapsöl angebraten. 

Petersiliencrumble 
200 g Paniermehl, grob | 1 Bund glatte Petersilie, grob gezupft | 1 Knoblauchzehe

Das Paniermehl mit dem Knoblauch in den Thermomix geben, die Petersilie hinzufügen und mixen, bis alles vermengt ist und das Paniermehl eine schöne grüne Farbe hat. Falls nötig, mehr Petersilie hinzufügen, jedoch so, dass das Ganze nicht zu feucht wird. Danach in einer beschichteten Pfanne mit Öl und wenig Butter knusprig ohne Farbe rösten. (Tipp: Immer nur eine kleine Menge rösten, den Rest am besten im Tiefkühler aufbewahren, sodass die Farbe erhalten bleibt.) 

Artischockencrème 

Petersilienöl 

Blüten (hier: Topinamburblüten) 

Petersiliensauce 

Konfierter Alpenzander, Zucchetti, Senfsauce, Aprikose, Estragon


Eingemachte Senfzucchetti 
1 kg Zucchetti, Costates Romanesco | 0,3 l Wasser | 0,5 l Apfelessig | 1½ EL Salz | 150 g Zucker | 1 EL Senfkörner | 1 Chili, getrocknet

Die Flüssigkeiten zusammen mit den Gewürzen einmal aufkochen. Die Zucchetti vierteln und den Strunk entfernen. Die heisse Flüssigkeit darübergiessen und 24 Stunden ziehen lassen. Am nächsten Tag alles zusammen für rund 1 Minute köcheln lassen, noch heiss in Gläser abfüllen und sofort verschliessen. (Für das Gericht dann in kleine Würfel schneiden.) 

Senfsauce 
1 Zwiebel | 80 g Senf, grob | 40 g Senf, mild | 0,15 l Weisswein, trocken | 0,3 l Apfelsaft | 0,2 l Rahm | 0,5 l Hafermilch | Salz

Die Zwiebel emincieren und in einer Pfanne glasig dünsten, den Senf dazugeben und ein wenig abrösten. Mit dem Weisswein ablöschen und einreduzieren. Apfelsaft und Rahm hinzufügen, aufkochen und auf die Hälfte einköcheln. Mit dem Stabmixer fein mixen, passieren, in eine Siphonflasche füllen und mit 2 Kapseln laden. Bis zum Anrichten im Wasserbad bei 56° C warm stellen. 

Fermentierte Aprikosen 

Aprikosen halbieren, entsteinen und mit 2 % Salz mischen. Anschliessend vorsichtig in grosse kochfeste Vakuumsäcke nebeneinanderlegen. Den Sack möglichst nah am Rand 100 % vakuumieren. Die Aprikosen danach bei Raumtemperatur vier bis sechs Tage fermentieren lassen. Zwischendurch probieren: Die Frucht sollte man noch schmecken, dazu aber auch eine leichte Säure. Lässt man die Aprikosen zu lange fermentieren, schmecken sie nur noch sauer. 

Alpenzander 
Alpenzander | Salz | geklärte Butter

Den Zander filetieren, häuten und die Gräten entfernen. Das Filet salzen, zirka 20 Minuten ziehen lassen, abwaschen und trocken tupfen. Den portionierten Zander in der geklärten Butter im Holdomat bei 52° C rund 15 bis 20 Minuten garen. 

Estragon (Öl und Blätter) 

Gebratene Zucchinischeiben 

Blüten (hier: Wilde Malve) 

Bauch und Rücken vom Kuro-Schwein, Brotschnitte, Pilze, Kapuzinerkresse

Schweinebauch 
Salzlake: 1 l Wasser | 30 g Pökelsalz

Die Schwarte vom Bauch schneiden und die Knochen ausbeinen, danach für 24 Stunden in die Salzlake legen. Den Bauch trocken tupfen und anschliessend bei 72° C rund 28 Stunden sous vide garen. Nach Belieben Würfel schneiden und vakuumieren. Vor dem Service im Wasserbad bei 56° C warm stellen. Beim Anrichten kurz abtupfen, mit braunem Zucker bestreuen und mit dem Bunsenbrenner karamellisieren. 

Brotschnitte 
Für 1/1-GN-Blech: 800 g Brot, hell | 2 Zwiebeln, klein | 0,6 l Milch | 4 EL Butter | 12 Eigelb | 12 Eiweiss | Schnittlauch | Salz | Pfeffer | Muskat

Das Brot in 1 cm grosse Würfel schneiden und in eine grosse Schüssel geben. Die Zwiebeln fein hacken und in der Butter weich dünsten, die Milch dazugeben, aufkochen, mit Salz, Pfeffer und Muskat sehr gut würzen. Danach über die Brotwürfel giessen, halb abdecken und 15 Minuten ziehen lassen. In der Zwischenzeit das Eiweiss aufschlagen, das Eigelb in die Brot-Milch-Mischung geben, dann das aufgeschlagene Eiweiss vorsichtig unterheben. Die gehackten Kräuter untermischen und die Knödelmasse in ein eingefettetes 1/1-GN-Blech geben. Mit Folie zweimal abdecken und im Steamer bei 100° C für 35 Minuten dämpfen. Die Folie einstechen und die Schnitte im Frigo auskühlen lassen. In die gewünschte Grösse schneiden und à la minute in wenig Butter goldbraun anbraten. 

Eingelegte Eierschwämmli 
500 g Eierschwämme | 0,15 l Apfelessig | 0,1 l Weisswein | 1 TL Salz | 1 TL Zucker | 1 Zwiebel | 2 Lorbeerblätter | ½ TL Senfkörner

Die Pilze gründlich reinigen und die Stielenden anschneiden. In Salzwasser blanchieren, kalt abschrecken und in die vorbereiteten Gläser abfüllen. Alle anderen Zutaten zusammen aufkochen, über die Pilze giessen und die Gläser sofort verschliessen. 

Pilzcrème 

Gebratene Eierschwämmli 

Kapuzinerblätter 

Kapuzinerblätter-Vinaigrette 



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