Der Schluss muss knallen, im Kino wie auch in der Küche. Das sieht auch Kay Baumgardt so: «Es wäre schlecht, wenn sich die Gäste schon auf dem Parkplatz nicht mehr daran erinnern können, was sie gegessen haben.»
Im Gasthaus zur Fernsicht in Heiden, in dem Baumgardt seit zwei Jahren als Chefpatissier an der Seite von Tobias Funke steht, ist das ein eher unwahrscheinliches Szenario. Denn die Desserts, die der 36-Jährige fürs Gourmetrestaurant Incantare kreiert, setzen mit unkonventionellen Zutaten wie Gruyère, Pastinake oder Trüffel ein fettes Ausrufezeichen hinter das Menü und brennen sich mit neuen, fein austarierten Geschmäckern ins Gedächtnis der Gäste ein.
Gerne geht Baumgardt auch persönlich an die Tische, um seine Kreationen zu erklären.Das klingt dann etwa so: «Mit unseremneuen Dessert will ich zeigen, wie süss die Pastinake sein kann.» Anstatt einfach Zucker zuzugeben, kocht er das Wurzelgemüse stundenlang ein und kitzelt so das Maximum an Süsse raus. Der Trend zum Gemüse im Nachtisch mag in die Jahre gekommen sein, verleidet ist er Baumgardt nicht. Dafür gibt es noch zu viel zu entdecken und zu kombinieren.
So arbeitet er aktuell an einem Dessert mit roten Zwiebeln, könnte sich aber auch eines mit Lauch oder Haferwurzeln vorstellen: «Heute denke ich mehr darüber nach, wie ich ein Dessert rund mache und welche Kombinationen es gibt, die neu, aber nicht so freaky sind, dass sie nicht mehr schmecken.» Während er die Pastinakenkreation in zwei Tagen auf dem Teller hatte, brauchte er fürs Trüffeldessert sechs Wochen: «Wie ein Baby wurde es immer grösser, bis es irgendwann fertig war.»
Mit Babys kennt sich Baumgardt inzwischen bestens aus. Letzten Sommer wurde er erstmals Vater einer Tochter: «Seither gehe ich auch mal nach Hause, wenn wenig los ist.» Gedanken macht sich Baumgardt aber nicht nur über den eigenen Nachwuchs, sondern auch über den der Branche: «Die Jugend macht einen Bogen um die Gastronomie und einen noch grösseren um die Patisserie.»
In diesem Jahr möchte er darum einen Patisserielehrling ausbilden, Kurse geben und so den einen oder anderen für den Beruf begeistern, in den er sein ganzes Herzblut steckt. Nicht anders war es bei ihm, dem gelernten Bäcker: «Ich hatte Leute, die viel in mich investiert und mir auch einmal einen Tritt in den Allerwertesten gegeben haben.»
Gasthaus zur Fernsicht
Seeallee 10, 9410 Heiden
071 898 40 40
www.fernsicht-heiden.ch