Ort der Träume

Stéphane Décotterd kocht seit über einem Jahrzehnt auf höchstem Niveau und hat die kulinarische Identität der Westschweiz massgeblich geprägt. In Glion haben er und seine Frau Stéphanie nun einen Ort gefunden, um nochmals richtig durchzustarten.
Text: Tobias Hüberli – Fotos: Jürg Waldmeier
Veröffentlicht: 14.06.2022 | Aus: Salz & Pfeffer 3/2022
Chamby-Saibling, Meerrettich, Estragon, Ackerbohne

Aus seinen Ambitionen hat er nie einen Hehl gemacht.

Am 28. September stürzten sich Stéphane Décotterd und seine Frau Stéphanie in ein neues Abenteuer. An jenem Tag eröffneten sie in der Hotelfachschule von Glion das Maison Décotterd. Die sorgsam renovierte, unter Denkmalschutz stehende Lokalität besteht aus einer Bar, einem Bistro sowie einem Gourmetrestaurant und bietet den Gästen eine atemberaubende Aussicht über den Genfersee.

Décotterd und seiner Brigade wiederum bietet der neue Standort alles, um richtig durchzustarten. Ein ganzes Jahrzehnt zelebrierte der heute 46-Jährige im legendären, aber in die Jahre gekommenen Restaurant Le Pont de Brent eine mit zwei Sternen und 18 Punkten dotierte Küche. Neben einer massiv besseren Infrastruktur kann er seiner Brigade in Glion auch attraktivere Arbeitskonditionen bieten, etwa sieben Wochen Betriebsferien im Sommer. Das ist mit ein Grund, warum Ausnahmetalente wie der Gault-Millau-Patissier des Jahres 2021, Christophe Loeffel, weiterhin an seiner Seite stehen. «Meine Leute brauchen ein Leben ausserhalb des Restaurants», so Décotterd.

Den Fokus auf lokale Produkte verfolgt Décotterd auch an der neuen Wirkungsstätte. Sein Verzicht auf Meeresfisch, Bresse-Tauben und Co. sorgte 2017 in der kulinarisch immer noch sehr traditionell geprägten Westschweiz für Aufsehen. Es ist mitunter sein Verdienst, dass die Romands mittlerweile einen Saibling aus dem nahen See oder ein gereiftes Alpenpoulet in einem Spitzenlokal wertschätzen. Allerdings geht der Chef nicht dogmatisch vor, setzt ab und an auch etwas Kaviar ein, etwa als würzende Komponente in seinem Felchengang. Wichtig ist Décotterd indes, dass die Studierenden aus über 100 Nationen seine Philosophie kennenlernen und in die Welt hinaustragen.

Aus seinen Ambitionen hat Décotterd nie einen Hehl gemacht. «Wir wollen das Niveau stetig steigern, präziser und besser werden.» Dass ihm Michelin am neuen Standort wieder zwei Sterne verleiht, dürfte reine Formsache sein. Und sollten sich die Verantwortlichen von Gault & Millau Schweiz dazu entscheiden, nach 2009 wieder einmal einen Koch des Jahres zu küren, der zwar in der Westschweiz, aber nicht in Crissier wirkt, dann gehört Décotterd ganz sicher zu den Anwärtern.

Maison Décotterd
Route de Glion 111, 1823 Glion-sur-Montreux
021 966 35 25
maisondecotterd.com

Grüne Spargelspitzen, Verjus aus Salgesch, Brennnessel, Bärlauch
Genfersee-Felchen, Eisenkraut, Erbsen, Kaviar

Chamby-Saibling, Meerrettich, Estragon, Ackerbohne


Saibling
Saiblingfilets | 15 g Sojabohnen | 120 g Zitronensaft | 15 g Ahornsirup | 10 g Meerettich, frisch gerieben | Salz | Zucker

Die Saiblingsfilets mit Salz und Zucker würzen. 10 Minuten marinieren lassen, abspülen und abtrocknen. Die restlichen Zutaten verrühren und die Fischfilets darin einlegen. 5 Stunden marinieren. Abtropfen lassen und trocknen. Zum gegebenen Zeitpunkt mit einem Bunsenbrenner abbrennen und anschliessend mit der Marinade glasieren.

Estragon-Meerrettich-Sauce
2 Eier, weich gekocht | 50 g Estragonblätter, gekocht | 50 g Petersilie, gekocht | 20 g Meerrettich, gerieben | 40 g Rapsöl extra vergine | Salz | Zitronensaft

Die Eier und die gekochten Kräuter fein mixen, mit dem Olivenöl montieren.

Blätterteig-Tartelette
Tartelette-Böden aus Filo-Teig | Püree aus Ackerbohnen | Brunoise aus roten Radieschen | Brunoise aus Ackerbohnen | kleine Würfel vom Graved Saibling | rote Rettichspäne | Ackerbohnen | Meerrettich, gerieben | Saiblingseier | Kräuter

Das Bohnenpüree auf dem Boden der Tartelettes verteilen. Mit der Gemüsebrunoise und den Graved-Saibling-Würfeln belegen. Mit Radieschenspänen, Ackerbohnen, Fischrogen und Kräutern abschliessen.

Grüne Spargelspitzen| Verjus aus Salgesch| Brennnessel|Bärlauch


Brennnessel-Ravioli
60 g Mehl | 60 g Butter | 1 l Milch | 200 g Brennnessel, püriert | 1 Zitronenschale, gerieben

Aus dem Mehl, der Butter und der Milch eine Béchamelsauce herstellen. Das Brennnesselpüree und die Schale hinzufügen, mixen und filtern. In Kuppeln giessen, dann zu Ravioli montieren.

Verjus-Sabayon
200 g Eigelb | 400 g Rahm | 50 g Verjus | 2 g Pektin

100 Gramm Rahm mit dem Pektin aufkochen. Den restlichen Rahm, den Verjus und das Eigelb hinzugeben. Im Wasserbad auf 80° C aufschlagen. In einen Siphon füllen und zweimal mit Kohlensäure versetzen.

Geeiste Spargelspitzen
Grüne Spargelspitzen nach englischer Art, gekocht | Butter | Spargelsaft | Verjus

Den Spargelsaft einkochen lassen, ein Stück Butter und den Verjus hinzufügen. Die Spargelspitzen mit dieser Glasur umhüllen.

Anrichten
4 ganze grüne Spargelstangen, halbiert | schwarzer Knoblauch, püriert | 6 Späne von rohem weissem Spargel | Kräuter

Den glasierten Spargel kranzförmig in der Mitte des Tellers anrichten. Einen Brennnesselraviolo ins Zentrum legen. Mit den Kräutern, den Spargelspänen und dem schwarzen Knoblauchpüree garnieren. Den Raviolo mit Verjus-Sabayon bedecken.

Genfersee-Felchen| Eisenkraut|Erbsen| Kaviar


Erbsen-Chawanmushi
300 g Erbsensaft, gefiltert | 3 g Zitronenverbene, getrocknet | 20 g Rahm | 2 Eier | Salz

Den Erbsensaft aufkochen, mit der Verbene aufgiessen und filtern. Eier und Rahm zugeben, würzen. 25 g auf die Teller verteilen. Im Dampfofen bei 85° C garen.

Felchenfilets
500 g Felchenfilets | 200 g Salz | 200 g Zucker | 1 Sternanis | 1 TL Pulver aus den Samen der wilden Karotte | 8 weisse Pfefferkörner | 3 Wacholderbeeren

Alle Zutaten mixen und die Felchenfilets 30 Minuten marinieren. Abspülen und trocken tupfen. In Blütenblätter zerteilen und blütenförmig auf dem Chawanmushi anrichten, beiseite stellen. Vor dem Servieren 3 Minuten bei 70° C im Dampf erhitzen.

Nage mit Eisenkraut
1 kg Felchengräten | 1 kleiner Fenchel, in Scheiben geschnitten | 4 Schalotten, gehackt | 1 weisser Lauch, gehackt | 1 Sternanis | 10 g wilder Fenchel | 2 dl Weisswein | 2 l Wasser | Salz | 1 Zitronenschale | 50 g Rahm | Zitronenverveine, getrocknet

Das klein geschnittene Gemüse und die Kräuter anschwitzen. Mit Weisswein ablöschen, die Fischgräten dazugeben. Mit Wasser ablöschen und 1 Stunde lang sanft kochen. Filtern, reduzieren, Rahm und getrocknete Verveine hinzufügen. Aufgiessen, filtern und abschmecken.

Fertigstellen und anrichten
Erbsen, gekocht und geschält | Schnittlauch | Eisenkrautöl | Ringelblumenblüten | Kaviar | Nage

Die Teller mit den Felchen 3 Minuten im Dampfgarer bei 70° C überbacken. Die Erbsen auf den Tellern verteilen und mit Sauce bestreichen. Den Kaviar und einige Tropfen Eisenkrautöl daraufgeben. Mit den Ringelblumenblütenblättern abschliessen.



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