Voller Fokus

Er trat in grosse Fussstapfen, und mittlerweile hat Patrick Mahler im Restaurant Focus längst an die Erfolge seines Vorgängers angeknüpft. In der Küche lässt er sich alle Wege offen und geht dabei auch Risiken ein.
Text: Tobias Hüberli – Fotos: Jürg Waldmeier
Veröffentlicht: 18.06.2019 | Aus: Salz & Pfeffer 4/2019
Patrick Mahler
Carabiniero, Schwein, Fenchel und Limone

«Ich überlegte mir sehr genau, wie ich das hier haben will 

«Unglaublich» ist das Wort, das Patrick Mahler benutzt, wenn er an diese Nacht im Februar zurückdenkt, in der er aus dem Stand heraus mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Der 36-Jährige hatte da gerade sein erstes Jahr als Küchenchef des Restaurants Focus hinter sich und knüpfte nahtlos an das Niveau seines Vorgängers Nenad Mlinarevic an.

Bemerkenswert ist dabei, wie Mahler mit dem Erbe umging, das ihm Mlinarevic mit seiner (damals) auf Schweizer Produkte fokussierten Küche hinterliess. «Ich überlegte mir sehr genau, wie ich das hier haben will», so Mahler. Dabei ging es gar nicht so sehr um die Küchenphilosophie, sondern um die Art, wie sich das Focus in Zukunft präsentiert. Nicht eine Person, sondern das Restaurant als Ganzes sollte im Vordergrund stehen. «Köche und Service bilden eine Einheit, jeder Einzelne ist wichtig und steht dafür, was wir hier im Focus machen.»

Auf einen bestimmten Stil will sich Mahler, der sich selbst als zielstrebig, aber nicht allzu verbissen bezeichnet, nicht festlegen. «Wir bewegen uns zurzeit völlig frei, lassen viele Einflüsse zu und bringen diese dann im Gericht auf eine harmonische Linie.» Das Acht-Gänge-Menü des Focus rotiert der Aargauer regelmässig. Auch, damit es seinen vier Köchen, die alle seit über zwei Jahren bei ihm sind, nicht langweilig wird. Vor allem aber, um immer wieder neue Wege zu beschreiten.

Dabei geht Mahler auch Risiken ein. Etwa wenn er den Schenkel des Alpstein-Poulets als Hauptgang servieren lässt. Was auf den ersten Blick etwas gar profan erscheint, ist in Tat und Wahrheit eine grandiose, aufwendige Kreation. Das vom Knochen gelöste Schenkelfleisch wird auf einem Blech zu einem Langeck geformt (die Schwierigkeit besteht darin, die Haut beidseitig schön hinzukriegen), anschliessend im Dampf gegart und kurz angebraten. Die entscheidende Frische steuert der Liebstöckel bei, dazu gibts marinierten Babylattich und Artischocke.

Vor dem Focus, im Garten des Fünf-Sterne-Hotels, kämpfen ein Bär und ein Stier im ewigen Kreis. Die Skulptur ist eine Reminiszenz an das Auf und Ab der Börsenmärkte und auch eine Erinnerung daran, dass Mahler von einem der beiden grossen Guides leicht unterbewertet ist.

Restaurant FocusPark Hotel Vitznau
Seestrasse 18, 6354 Vitznau
041 399 61 32
www.restaurant-focus.ch

Poularde, Liebstöckel, Artischocke und Lattich
Miso, Minze, Gurke und Apfel

Carabiniero, Schwein, Fenchel und Limone

Carabiniero
1 Carabiniero | 5 g Olivenöl | Schnittlauch | Salz | Zitronenzesten

Carabiniero aus der Schale brechen. Schalen und Köpfe für das Carabiniero-Öl aufbewahren. Carabiniero leicht in Olivenöl anbraten, nachziehen lassen, bis er schön glasig ist. Mit Carabiniero-Öl bestreichen, leicht mit Fleur de Sel würzen, Schnittlauch und Zitronenzesten zugeben.

Schweinebauch
3 kg Schweinebauch | 12 l Wasser | 240 g Pökelsalz | 240 g Zucker | 3 Stk. Zwiebel | 2 Lorbeerblätter | 3 g schwarze Pfefferkörner

Wasser, Pökelsalz und Zucker zusammen aufkochen, anschliessend gut runterkühlen. Schweinebauch parieren, Knorpel entfernen. Mit allen Zutaten zusammen für 24 Stunden in die Pökelmarinade legen. Schweinebauch gut abwaschen, trockentupfen und im Vakuumbeutel vakuumieren. Bei 82°C im Dampf bei 100 Prozent Feuchtigkeit oder im Wasserbad bei 82°C 12 bis 14 Stunden garen. Danach das Fleisch abtropfen lassen und den Schweinebauch gut pressen, runterkühlen lassen. In die gewünschte Form schneiden, allfällige Abschnitte für den Sud aufbewahren.

Carabiniero-Öl
1 kg Carabiniero-Karkassen (inklusive Köpfe) | 5 dl Rapsöl | 1 dl Traubenkernöl | Sternanis | Koriandersamen | Pfefferkörner | Lorbeerblätter

Krustentierschalen leicht im Ofen anrösten. Alle Zutaten zusammen auf 80°C erwärmen und 1 bis 2 Stunden ziehen lassen, abkühlen lassen und durch ein feines Sieb passieren.

Krustentier-Schweinebauch-Fond
300 bis 400 g Schweinebauch (Abschnitte) | 2 bis 3 kg Krustentierkarkassen | 1,5 l Wasser | 5 dl Dashi | 50 g geröstete Zwiebeln | 30 g Schalotten | 30 g Knollensellerie | 30 g Stangensellerie | 50 g Champignons | 20 g Zitronengras | 10 g frischer Koriander | 2 g frische Kaffir-Limetten-Blätter | 20 g Sojasauce | 2 g Xanthan | Pfeffer | Fenchelsamen | Koriandersamen | Lorbeerblätter

Alle Zutaten vorbereiten, schälen und kleinschneiden. Krustentierschalen leicht anrösten und zusammen mit den Flüssigkeiten für mindestens 3 bis 4 Stunden sieden lassen. Abschmecken, mit Xanthan leicht nachbinden, durch ein feines Sieb passieren, je nach Wunsch mit ein wenig Carabiniero-Öl verquirlen.

Mariniertes Gemüse
Fenchel | Fenchelblüten | Kresse | Kräuter | Blüten

Alle Zutaten mit etwas Pickelmarinade marinieren und leicht salzen.

Poularde, Liebstöckel, Artischocke und Lattich

Poulardenschenkel
1 kg Poulardenschenkel | Salz | Pfeffer

Poulardenschenkel auslösen (Knochen aufbewahren für die Sauce), Fleisch flach auf ein mit Klarsichtfolie belegtes Blech geben, Hautseite nach unten. Gut mit Salz würzen und mit der zweiten Schicht Schenkelfleisch belegen, Hautseite nach oben. Mit einem zweiten Blech beschweren und vakuumieren. Bei 72°C Dampf 2 Stunden garen. Anschliessend gut pressen und eine Nacht durchkühlen lassen. In die gewünschte Form schneiden und in wenig Rapsöl auf der Hautseite knusprig sautieren. Leicht mit Fleur de Sel würzen.

Liebstöckel-Emulsion
80 g Eiweiss | 25 g weisser Balsamico | 80 g Rapsöl | 120 g Liebstöckel-Öl

Alle Zutaten mischen und im Thermomix zu einer Emulsion hochziehen. Mit Salz, Pfeffer und Cayenne-Pfeffer abschmecken.

Ponzu-Marinade
30 g helle Sojasauce | 30 g Mirin | 50 g Reisessig | 50 g Mandarinensaft | 50 g Yuzusaft | 100 g Rinderconsommé

Alle Zutaten mischen, leicht erwärmen und 1 Stunde ziehen lassen.

Miso, Minze, Gurke und Apfel

Miso-Glace
200 g Miso | 200 g Zucker | 10 g Lota | 2 dl Milch | 160 g Magermilchpulver | 200 g Glucose | 440 g Rahm | 2 Stk. Vanilleschoten

Alle Zutaten mischen, zusammen leicht erwärmen. Gut durchmixen, in Pacojet abfüllen und nach Bedarf durchlassen.

Miso-Crème
2 dl Milch | 200 g Miso | 250 g weisse Schokolade | 36 g Agar-Agar

Milch und Miso aufkochen, Agar-Agar beigeben und durchkühlen lassen. Im Thermomix bei 62°C mixen, dabei die weisse Schokolade emulgieren lassen.

Gurken-Apfel-Gel
6 Stk. Gurken mit Schale | 8 Stk. Granny-Smith-Äpfel | Saft aus den Gurken und Äpfeln | 200 g frischer Minztee | 20 g Vanille-Essig | 8 g Agar-Agar | 8 g Gelan | Fruchtsäure zum Abschmecken

Gurken und Äpfel entsaften. Zusammen mit den anderen Zutaten aufkochen, Agar-Agar und Gellan beifügen und auskühlen lassen.

Weisses Schokoladenbiskuit
100 g Zucker | 430 g Marzipan | 200 g Vollei | 150 g Eigelb | 250 g Eiweiss | 150 g Zucker | 100 g Butter | 130 g weisse Schokolade | 140 g Mehl (550)

Vollei, Eigelb und Zucker im Wasserbad warmschlagen. Temperierten Marzipan beifügen und zusammen aufschlagen. Eiweiss und Zucker separat zu Eiweissschnee schlagen. Butter zusammen mit der Schokolade schmelzen. Alle Zutaten vorsichtig untereinanderheben. Bei 190°C 8 bis 10 Minuten backen.



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