Nach dem Trink ins Zimmer
Die Gastronomie schreibt Liebesgeschichten! Jene von Anton Mosimann, zum Beispiel. Oder von Monsieur Tabasco höchstpersönlich.
Da war doch mal was. Richtig. Greta. Die mit dem Zopf. Die am UN-Klimagipfel 2019 den Weltvertretern die Kutteln putzte, sodass anderntags auf Social Media weltweit die Hölle losbrach. «Scheissgreta!», schrieb da ein Mitmensch in die Welt hinaus, und ich so: Nanu, den Namen kenn ich doch? Richtig. Die Autorin war eine Wirtin aus meiner Region. Eine, die auf ihrer Schiefertafel beim Eingang ins Restaurant gerne grosse Herzli malt. Ob sie auch mal «Scheissgreta!» auf die Schiefertafel geschrieben hat, und ich habs einfach verpasst?
Die Scheissgreta-Wirtin postet auf Facebook: «Willkommenalsmensch.» Sie verlinkt einen Musikclip von Kindern, eine Promo für das neue Kinderspital Zürich. Sie liebt Kinder und wünscht ihnen Gesundheit. Greta, übrigens, hat ein diagnostiziertes Asperger-Syndrom, eine Störung der neurologischen Entwicklung aus dem Autismus-Spektrum. Asperger-Betroffene sehen die Dinge oft Schwarz oder Weiss, Grautöne oder Zwischentöne in der sozialen Interaktion erkennen sie nicht. Ohne dieses Syndrom hätte die 16-jährige pubertierende Schwedin wohl gar nicht den rabiaten Biss gehabt, der sie schliesslich bis in die Uno trug. Vom Asperger-Syndrom wird die kinderliebende Scheissgreta-Wirtin wohl nichts gewusst haben, aber schliesslich sind die wenigsten Hassposts bekannt dafür, mit Wissen kontaminiert zu sein.
In ihrer eigenen Timeline verlinkt die Scheissgreta-Wirtin gerne auf Verdrehportale oder Videos, die Youtube später entfernt, weil sie gegen die Richtlinien zu Belästigung und Mobbing verstossen. Und sie postet messerscharfe politische Analysen wie: «politiker und lobbischte wo behaupte, mach en schnelltescht für d’beiz, !!!! ghöre a branger gstellt, gschäftsschädigend! werde bi mir nie öbbis zesse unds trinke becho !!!!!» Willkommenalsmensch im Tonfall von Greta.
Sicher, im Gegensatz zu Greta betraf die Pandemie die Wirtin schmerzhaft direkt, da muss der Nuggi auch mal raus. Sie war auch nicht die einzige. Eine junge Wirtin, bei der ich gelegentlich einkehre, hat einen Post geliked, der Berset als Hitler zeigt und überschrieben ist mit: «Impfen macht frei», in Assoziation mit der Überschrift über dem Haupteingang zum KZ Auschwitz, «Arbeit macht frei». Bestimmt weiss die Wirtin aus sicherer Quelle, dass der Nazi-Bundesrat oben am Gotthard bereits geheime Gaskammern baut, für jene Impfgegner, in die er noch im November im Zuge einer lächerlichen letzten Impfwoche 100 Millionen Franken investiert hatte. Ich muss wieder mal auf einen Kaffee vorbei und meine Wirtin fragen, ob sie die milliardenschweren Nothilfegelder, vom Nazi-Bundesrat im Bundeshaus gesprochen, auch in Anspruch genommen hat.
Viele Gastgeber halten sich in politischen Fragen zurück oder äussern sich konstruktiv – auch und gerade auf Social Media –, weil sie wollen, dass sich bei ihnen alle willkommenalsmensch fühlen. Aber Gastgeber wie meine Scheissgreta-Wirtin mögen es halt authentisch. «E usgsetzte Virus, nie isoliert, us weltwirtschaftsmachtchrieg usgsetzt. um d menschheit verruckts mache. um se gfüegig mache. … s einzige was a dem Pcr tescht hangt isch graphenoxin ... e art glasfaserfade wo am behoorte ihnere zwüsche hirn u. polybe sel ahängke ! graphenoxin het d art ansich bluet erdicke. es isch e fremdstoff, wie au maske wo wiss blau si und dr asiat für euis hergstellt het. d art verchältig, jede mensch isch andrs funktionieren und au anders ufgwachse und au phsychisch parat. jede nimmt no chli medis, chli bluetdruck senker …»
Für dieses erste Viertel eines Posts wird meine Scheissgreta-Wirtin zweifellos den nächsten Medizinnobelpreis bekommen, als Supplement vielleicht noch einen Blutdrucksenker, und übrigens: «ich bi mir dene zilene voll bewusst wo ich do schrib. ich bi 48 gi sit 16 johr selbständig und ha nüt z verliehre user miner gsundheit. gsundheit und mis immunsyschtem machi grad parrat i dem i mi do bi dene zilene reinige.» Selbsttherapie und Reinigung des eigenen Immunsystems durch öffentliches Auskotzen – der Medizinnobelpreis ist sowas von verdient.
Neulich kamen Gaschtig und Beizer in einer Knelle im Nachbardorf auf die Nobelpreis-Wirtin zu sprechen. Es herrschte Konsens: Die spinnt komplett. Sowohl Knellenbeizer wie Knellengaschtig schimpfen sonst gern über die in Bern oben und sind über den Verdacht linksgrüner Gesinnung defintiv erhaben. Die Nobelpreis-Wirtin ist derweil auf ihrem neuen Telegram-Chat – er heisst so wie ihre Beiz – dermassen damit beschäftigt, Dutzende Titten zu entfernen, die Telegram ihr in den Chat spült, dass sie gar nicht mehr dazu kommt, ihre neusten Erkenntnisse aus ihren Youtube- und Internetstudien zu posten. Schade. Vielleicht wäre sie ja doch mal zufällig auf einen interessanten Wikipedia-Eintrag gestolpert wie: «Das Asperger-Syndrom ist eine Störung der neurologischen Entwicklung aus dem Autismus-Spektrum. Asperger-Betroffene sehen die Dinge oft Schwarz oder Weiss, Grautöne oder Zwischentöne in der sozialen Interaktion erkennen sie nicht.»