Rolf Hiltl, Gründer der Kronenhalle

Die künstliche Intelligenz Chat GPT liefert Monsieur Tabasco jede Menge Antworten. Nur richtig sind die meistens nicht.
Text: Monsieur Tabasco
Veröffentlicht: 14.02.2023 | Aus: Salz & Pfeffer 1/2023

Etwas mehr gesunder Maschinenverstand käme wie gerufen.

Es palavern ja immer alle gleichzeitig über dasselbe. Aktuell ist es die «künstliche Intelligenz», KI. Naja, bei der natürlichen Intelligenz verzeichnen wir eine Mangellage, etwas mehr gesunder Maschinenverstand käme wie gerufen. Ich habe also die angesagteste KI ausprobiert. Und sie gefragt, was sie denn von Monsieur Tabasco halte, dem Kolumnisten des Schweizer Magazins Salz & Pfeffer. Schon nach Sekunden kam von Chat GPT die Antwort: «Es tut mir leid, ich weiss nicht, wer Monsieur Tabasco ist, da er keine bekannte Person des öffentlichen Lebens ist und meine Wissensgrenze bei 2021 liegt. Es ist möglich, dass er der Herausgeber von Salz & Pfeffer, einer Schweizer Zeitschrift, ist, aber ich habe keine Informationen, die dies bestätigen.»

Null Inhalt mit fünf Kommas. Dafür brauchen wir keine KI, das kriegen wir allein hin. Nächster Versuch: «Please write an article about the Zurich located restaurant Kronenhalle.» Die Antwort kommt zügig: «Die Kronenhalle im Herzen von Zürich, Schweiz, ist ein renommiertes Restaurant und eine Bar, die seit fast einem Jahrhundert Einheimischen und Reisenden gleichermassen köstliche Schweizer und internationale Küche serviert...» ...blabla Picasso blabla Treffpunkt der Zürcher Elite blabla Art déco und Jugendstil und, ach ja, gegründet wurde die Kronenhalle 1924 von Ruedi Steiner, und für die ersten Bilder der Kunstsammlung sorgte 1920 der Gründer Rolf Hiltl.

Nobody’s perfect. Als ich die KI um Infos über Hulda Zumsteg bitte, entschuldigt sie sich: «Es tut mir leid, ich habe keine Informationen über eine Person namens Hulda Zumsteg. Können Sie bitte mehr Kontext liefern oder klarstellen, auf wen Sie sich beziehen?» Aber gern, «Hulda Zumsteg was the founder of the restaurant Kronenhalle.»

Höflich ist die KI, das muss man ihr lassen. «Ich entschuldige mich für die Verwirrung, mir ist keine Person namens Hulda Zumsteg bekannt, die das Restaurant Kronenhalle in Zürich gegründet hat. Die Kronenhalle ist ein Restaurant in Zürich, Schweiz, das 1924 von Rolf Hofmann gegründet wurde. Das Restaurant wurde schnell zu einem beliebten Treffpunkt für ...»

Okay. Mit Steiner, Hiltl und Hofmann haben wir bereits drei falsche Gründer. Da gibts Luft nach oben. Also lasse ich die KI einen Inseratetext für die Kronenhalle schreiben. So könnte sie sich als Assistentin für die Unternehmenskommunikation in der Gastronomie nützlich machen, mit einer Mise en Place für Texterinnen und Texter. Ergebnis: «... neben den köstlichen Speisen und der eleganten Einrichtung ist die Kronenhalle auch für ihren freundlichen und aufmerksamen Service bekannt. Die Mitarbeiter des Restaurants sind stets bemüht, jedem Gast einen angenehmen Aufenthalt zu bereiten, ganz gleich, ob es sich um ein schnelles Mittagessen oder um einen besonderen Anlass handelt ...»

Prima. Wie eine Werbetexterin. Die Texte bleiben zwar einfallsloses Geschwurbel von Phrasen, kosten aber wenigstens nichts mehr. Weil die KI nun aber unter den Hausgerichten der Kronenhalle Zürcher Geschnetzeltes aufführt, hake ich nach: «How do I have to cook Zürcher Geschnetzeltes?» Und da schau her: Wenn die KI etwas beherrscht, dann ist es Schema F. «Zürcher Geschnetzeltes ist ein traditionelles Schweizer Gericht, das mit Kalbfleisch, Pilzen und einer cremigen Sauce zubereitet wird. Hier ein Rezept.» Dann listet sie die Zutaten hübsch auf und gibt brav Anweisungen dazu, «das in Scheiben geschnittene Kalbfleisch zwei bis drei Minuten pro Seite braten ...» et cetera et cetera.

Unter dem Strich wäre man mit Google nicht schlechter gefahren. Aber da die KI ja einen Mehrwert bieten will, hake ich ein weiteres Mal nach: «Eine kreative Variante des Rezepts wäre schön.» Auf Deutsch geschrieben, und ausserdem doppelbödig, «wäre schön» kann schliesslich vieles heissen. Aber die KI verstehts und liefert nun dasselbe Zürcher Geschnetzelte, jedoch ergänzt um «1⁄4 Tasse geriebener Gruyère-Käse» sowie «1⁄4 Tasse gehackter frischer Thymian». Darauf muss man erst mal kommen. Die KI hat vermutlich im Internet gelesen, der Kreativität seien keine Grenzen gesetzt.

Künstliche Intelligenz erbricht bekanntlich nur das Internet, mit dem man sie gefüttert hat. Quod erat demonstrandum. Der Geist ist nichtig und die Technik ist schwach. Und selbst wenn die KI selber denken könnte, sie würde wohl noch nicht grad morgen Köchinnen und Kellner ersetzen. Auch nicht übermorgen. Konkurrenzieren wird die KI aber einfallslose Schreiberlinge und platte Phrasendrescher. Meine Gebete wurden erhört. Und ich sehe eine grosse Zukunft für sie in der Politik.



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