Harte Schale, wertvoller Kern
Sie ist gesund, schmeckt gut – und gedeiht am Berg sogar besser als im Unterland: Eine illustre Truppe hat sich zum Ziel gesetzt, die Ackerbohne in der Schweiz wieder vermehrt auf den Teller zu bringen.
« Die Käferbohne braucht einen Gegenspieler mit viel Kraft. »
Über welchen Weg die Käferbohne im 17. Jahrhundert von Südamerika aus in die Steiermark gelangte, ist immer noch nicht restlos geklärt. Sicher ist, dass sie sich zumindest im deutschsprachigen Raum nur in jenem südlichen Fleck Österreichs als kulinarische Spezialität etablieren konnte. Bis heute begrenzen sich Anbau und Verzehr der auch als Feuerbohne bekannten Hülsenfrucht zum überwiegenden Anteil auf diese Region. «Kleinere Mengen werden nach Süddeutschland exportiert, in Frankreich entwickelt sich ein junger Markt, aber der Grossteil wird nach wie vor innerhalb der Steiermark und im restlichen Österreich vermarktet», sagt Ulrike Schilder, Geschäftsführerin der Plattform zum Schutz der Steirischen Käferbohne.
2020 betrug die Ernte 480 Tonnen, 2019 waren es 285 Tonnen. Die Ertragszahlen schwanken von Jahr zu Jahr. «Das Wetter ist die grösste Herausforderung», sagt Michaela Summer. Seit 15 Jahren baut die 37-Jährige auf ihrem Hof in der Nähe von Bad Radkersburg die Spezialität an. «Die Käferbohne hats nicht gerne heiss, auch der Frost ist ein Problem. Ideal sind lehmreiche Böden, ein kühles Klima und regelmässige Niederschläge.» Sehr heisse Sommer hingegen führten auch schon zu einem Totalausfall der Ernte.
Auf den Tisch kommt die Käferbohne in praktisch allen gastronomischen Einrichtungen der Steiermark, insbesondere in den zahlreichen Buschenschänken (so nennen die Österreicher ihre Besenbeizen), traditionell serviert als Salat mit Zwiebeln, Kürbiskernöl und Apfelessig. In der gehobeneren Gastronomie trifft man sie regelmässig in verschiedensten Gerichten von der feinen Vorspeise bis zum kreativen Dessert. Und auch auf den Bauernmärkten gibt es sie praktisch ganzjährig zu kaufen, entweder als Trockenbohne oder breits essfertig gekocht.
In der Schweiz gehört Pascal Haag zu den bislang wenigen Köchen, die sich eingehend mit der Käferbohne und ihren Kocheigenschaften beschäftigen. Der Co-Autor des Kochbuchs «Leaf to Root» stiess auf einer Reise durch die Steiermark auf die Hülsenfrucht. «Ich ass damals den klassischen Salat», erinnert sich der 36-Jährige. In dem 2016 publizierten und in Windeseile zum Klassiker avancierten Kochbuch kombinierte Haag die Käferbohne dann in einem Eintopf mit Kohlrabi.
Seither sind viele weitere Kreationen entstanden. «Man kann die Käferbohne wirklich in extrem vielen Gerichten einsetzen, vom Snack bis hin zum Dessert», sagt Haag. Wichtig sei, dass man sie, nachdem sie eingelegt wurde, nicht vollgas kocht, sondern langsam gart. «Sonst fällt sie auseinander.» Ihr Geschmack erinnere an geröstete Marroni, sei zudem leicht griessig. «Die Käferbohne hat viel Power und braucht darum auch einen Gegenspieler mit Kraft.» Haag schmort sie zum Beispiel in einer Rotweinsauce und überbäckt sie anschliessend mit einer Paniermehl-Öl-Knoblauch-Mischung.
Sein Lieblingsgericht ist allerdings ein Dessert. Und zwar in Form eines Küchleins aus Käferbohnenpüree, das er mit Miso, Mandeln, Rapsöl und Zucker verfeinert. Dazu kommen etwas Kokosfett für die Festigkeit sowie eine Schokoladenglasur. Begleitet wird das Ganze von einem (Blau-)Beerenkompott. Dank ihres eigenständigen Aromas funktioniere die Käferbohne in Nachspeisen besonders gut, findet Haag – im Gegensatz zur ähnlich grossen, aber geschmacklich eher neutralen weissen Bohne.
In der Schweiz findet man die Käferbohne selten auf dem Teller. Das könnte sich indes ändern, da Hülsenfrüchte im Allgemeinen und Bohnen im Speziellen als proteinreicher Fleischersatz immer stärker in den Fokus von Köchinnen und Konsumenten rücken. Definitiv auf die Bohne gekommen ist auch Freddy Christandl. In der Oststeiermark aufgewachsen, kennt der seit Langem in der Schweiz tätige ehemalige Spitzenkoch die Käferbohne seit frühester Kindheit.
Zurzeit versucht er allerdings einer anderen, ebenfalls kaum (mehr) bekannten Hülsenfrucht zum Durchbruch zu verhelfen: der Ackerbohne. «Im Geschmack sind sich Käfer- und Ackerbohne relativ ähnlich, beide sind cremig, die Ackerbohne ist allerdings etwas nussiger», sagt Christandl. Zusammen mit Bergbauer Marcel Heinrich und weiteren Mitstreitern tüftelt er seit 2015 daran, die seit über 2000 Jahren in der Schweiz heimische Bohne in den Berggebieten über 1000 Meter über Meer anzubauen. Mit beachtlichem Erfolg. 2020 betrug die Ernte 2000 Kilo.
Noch beachtlicher ist indes das Interesse, das Köchinnen und Köche dem Ackerbohnenprojekt entgegenbringen. So experimentiert zum Beispiel Zwei-Sterne-Koch Sven Wassmer im Grand Resort Bad Ragaz mit dem Griess der Ackerbohne, derweil Fermentationsexperte Patrick Marxer von Das Pure in Wetzikon die Bohne für seine Miso verwendet. Vor allem Mehl und Griess bergen für die Gastronomie viel Potenzial. «In der Schweiz wird derzeit viel an unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten für Bohnen geforscht, sicher mehr als in der Steiermark», sagt Christandl.
Diese Aussage wiederum will Schilder nicht einfach so stehen lassen. «Es gibt in der Steiermark zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, die aus der steirischen Käferbohne Mehl, Spezialbrote, verschiedenste Aufstriche, zum Beispiel in Kombination mit Beerenfrüchten, Riegel oder gar Schokolade herstellen.» Die für das Produkt wichtigsten Erneuerungen waren indes der Anbau in Mischkultur mit Mais und die verzehrfertige Käferbohne, die in jedem österreichischen Supermarkt angeboten wird. «Das hat die Absatzmengen nachhaltig gesteigert und für ein grosses Revival in den Küchen der Konsumenten gesorgt.»
Findige und kreative Produzenten finden sich auf beiden Seiten der Grenze. Und dank Christandl strahlt das helvetische Ackerbohnenprojekt bis ins Nachbarland. «Dieses Jahr starteten Bauern in Ostösterreich Versuche mit 15 verschiedene Ackerbohnen-Sorten», erzählt der 56-Jährige. Und viel wichtiger: Gleichzeitig findet ein Wissenstransfer von Anwendungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten statt. Und der wiederum könnte auch den traditionellen Käferbohnen-Produzenten der Steiermark den einen oder anderen neuen Impuls liefern.
Verlagspartnerschaft: Der thematische Input für diesen unabhängig recherchierten Artikel stammt von Österreich Werbung. Reisetipps und Infos gibts online: austria.info/kulinarik.
Ursprung in Südamerika
Die Käferbohne, lateinisch Phaseolus Coccineus, umgangssprachlich auch als Feuer-, Prunk- oder Arabische Bohne bekannt, stammt ursprünglich aus Südamerika und wird im deutschsprachigen Raum fast ausschliesslich in der Steiermark kultiviert. Im Puschlav diente die Sorte Fasöi dalla minestra da Dumega als Beilage für Gerstensuppen. Die Käferbohne bringt alles mit, was es für eine ausgewogene Ernährung braucht: Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Eiweisse, Mineralstoffe und Vitamine. Ihr eigen ist zudem ein kraftvolles, eigenständiges Aroma (Nuss und geröstete Marroni) sowie eine feine Cremigkeit.
Feuerbohnen gedeihen auch hierzulande an vielen Orten problemlos und waren stets verbreitet, allerdings entstand daraus nie eine eigenständige kulinarische Tradition. Ganz im Gegensatz zur Ackerbohne, die in der Schweiz bis ins 19. Jahrhundert als wichtigste Hülsenfrucht und Hauptnahrungsmittel galt. Der Salz & Pfeffer-Artikel «Harte Schale, wertvoller Kern» über den Versuch, die Ackerbohne wieder vermehrt auf den (helvetischen) Teller zu bringen, findet sich hier.
Spezialität aus der Steiermark
Seit 2016 ist die steirische Käferbohne eine regional geschützte Spezialität und trägt das EU-Herkunftsschutzsiegel. Dank ihres eigenständigen Aromas ist die proteinhaltige Hülsenfrucht in der Küche vielfältig einsetzbar. In der Schweiz ist die Käferbohne (noch) kaum bekannt, aber durchaus erhältlich, zum Beispiel im Zürcher Spezialitätengeschäft H. Schwarzenbach. Detaillierte Informationen zur Käferbohne, zahlreiche Rezeptideen sowie ein Verzeichnis sämtlicher Produzenten und verarbeitenden Betriebe der Steiermark finden sich online auf der Plattform zum Schutz der steirischen Käferbohne.
steirische-kaeferbohne.at
schwarzenbach.ch