Die Büffel-Bande

In der Ostschweiz haben sich ein paar findige Metzger zusammengetan, um aus dem Fleisch des Wasserbüffels hochwertige Produkte herzustellen. Damit wollen sie (sich) abheben.
Text: Sarah Kohler – Fotos: Marcel Studer
Veröffentlicht: 20.11.2016 | Aus: Salz & Pfeffer 3/2015

«Der Wasserbüffel ist ein sympathisches Tier und eine gute Geschichte, die sich prima verkaufen lässt.»

Es ist bald 20 Jahre her, dass eine Handvoll Emmentaler Bauern in Schangnau damit begann, auf ihren Höfen Wasserbüffel anzusiedeln. Sie hatten diese aus Rumänien importiert und belieferten fortan die heimische Mozzarellaproduktion mit Schweizer Büffelmilch. Heute leben hierzulande rund 900 Tiere, sie stammen mittlerweile auch aus Italien und sind nicht mehr nur in Schangnau, sondern ebenso im Neuenburgischen sowie in der Ostschweiz daheim. Die gehaltvolle, eiweiss- und vitaminreiche Milch eignet sich für viele Kuhmilchallergiker und wird zu Mozzarella, Halbhartkäse, Feta, Quark, Joghurt und Ricotta verarbeitet. Das Fleisch der vornehmlich männlichen Büffel gelangt ebenfalls in den Verkauf, was bislang aber keiner gross propagiert hat, weil es wenig lukrativ ist. Genau das will eine motivierte Truppe aus der Ostschweiz nun ändern. «Unser Ziel ist es, hochwertige Produkte aus Wasserbüffelfleisch herzustellen und uns damit abzuheben», sagt Peter Frehner. Der Fleischveredler aus Frauenfeld ist der kreative Kopf des Teams, das seit einem guten halben Jahr produziert. – Und er ist ein gewiefter Marketingmann.

Da kommt es ihm gerade recht, dass der Wasserbüffel (Bubalus bubalis) ganz unbestritten den Jöh-Faktor besitzt. «Er ist ein sympathisches Tier und eine gute Geschichte, die sich prima verkaufen lässt», sagt Frehner und spricht damit einen Aspekt an, der Gastronomen durchaus interessieren dürfte. Der gelernte Metzger verhehlt nicht, dass das Projekt allen Beteiligten mitunter Popularität verschaffen soll. Nichtsdestotrotz spürt man: Hier sind alle mit viel Herz und einer echten Vision bei der Sache. Den Kern des Teams bilden neben Frehner die Landwirte Susanne und Martin Fuster (der ebenfalls gelernter Metzger ist) sowie der Schlachter und Metzger Manfred Blatter. Zusammen decken sie den gesamten Entstehungsprozess ihrer Büffelfleischprodukte ab, wobei die Rollen klar verteilt sind. Die Fusters mästen die Tiere auf ihrem Hof in Gyrenbad und verarbeiten das Wasserbüffelfleisch später in der eigenen Räucherei zu verschiedenen Delikatessen. Blatter fungiert als Schlachter, kümmert sich um die Distribution und pflegt das Netzwerk zur Gastronomie. Frehner indes tüftelt und kreiert, rührt die Werbetrommel – und veredelt einen Teil der Büffelstücke im Briekeller der Kartause Ittingen (siehe Box).

So entsteht eine breite Palette an Produkten. Ob Filet, Huft oder Entrecote affiniert, Stotzen, Braten oder Hackfleisch, Mostbröckli, Rauchchnebeli oder Salami: Die Ostschweizer Truppe lässt sich einiges einfallen, um den Wasserbüffel in Szene zu setzen. Im Angebot haben die Metzger unter anderem einen Mini-Burger aus Büffelfleisch und -mozzarella, ein fixfertiges Büffel- Tatar oder ein bereits aufgeschnittenes Büffel-Carpaccio. «Gerade im Charcuterie-Bereich sehe ich viel Potenzial», sagt Frehner. Er ist aber auch überzeugt: «Wasserbüffelfleisch wird immer ein Nischenprodukt bleiben.»

Käser Ruedi Tritten und Affineur Peter Frehner.
Büffelnierstück mit Edelschimmelflaum
Carpaccio und Tartar vom Wasserbüffel
Die Sympathie ist gegenseitig: Susanne und Martin Fuster – und ihre Wasserbüffel

Mit ein Grund dafür dürfte die überschaubare Wirtschaftlichkeit sein: Der Wasserbüffel ist ein verhältnismässig schlechter Futterverwerter und eignet sich nicht unbedingt für die Fleischproduktion. Da die Zahl der (männlichen) Tiere in der Schweiz aber recht klein ausfällt, ist die Abnahme gewährleistet und die Mast trotzdem eine Option. Ausserdem hat das dunkelrote, feinfaserige Fleisch des Wasserbüffels durchaus seine Vorzüge. Geschmacklich lässt es sich irgendwo zwischen Rind und Wild verorten und wird als kräftig, arttypisch und wildaromatisch beschrieben. Sein Fettgehalt liegt rund 25 Prozent tiefer als jener von Rindfleisch – was zwar die Reifung verkompliziert, ernährungsphysiologisch aber durchaus attraktiv ist. Weiter gilt Büffelfleisch als cholesterinarm und weist im Vergleich zum Rind einen grösseren Nährwert sowie höheren Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweiss und Spurenelementen auf.

Positive Eigenschaften attestiert den Wasserbüffeln auch Landwirt Martin Fuster. Sie seien zum Beispiel unkompliziert in Fütterung und Haltung, schwärmt er, und sie seien körperlich robust, wenngleich im Charakter empfindsam und zutraulich. Tatsächlich wird der Bauer, wenn er sich über den Zaun zu den Tieren ins Gehege schwingt, gleich in Beschlag genommen: kollektive Kuschelzeit. Zurzeit leben 35 Büffel auf dem Hof der Fusters, die den Bestand nun kontinuierlich aufzustocken gedenken. Die Tiere kommen mit einem Gewicht von rund 100 Kilogramm bei ihm an, bleiben zirka 350 Tage, bis sie zwischen 460 und 480 Kilogramm wiegen und vom Bauern persönlich auf den Schlachthof von Blatter geführt werden. «Der Wasserbüffel ist derart sensibel, dass es für die Fleischqualität enorm wichtig ist, jeglichen Stress zu vermeiden», sagt Fuster – und krault seine Büffel weiter. Ein besseres Marketing gibts kaum.

Die Protagonisten

Peter Frehner, Frehner’s Fleisch Atelier, Rosenhuben, 8500 Frauenfeld, 079 313 45 88
Susanne und Martin Fuster, Fuster Rauchspezialitäten GmbH, Gyrenbad 129, 8488 Turbenthal, 052 385 57 87, www.fuster.ch
Manfred Blatter, Blatter Metzgerei AG, Wilerstrasse 8, 9517 Mettlen, 071 633 13 52, www.blatter-metzgerei.ch

Büffel und Brie
Gutes Fleisch sei seine Passion, sagt Peter Frehner, gelernter Metzger und studierter Lebensmittelingenieur. Und weil er «aus etwas Gutem etwas noch Besseres machen» will, ist er als Affineur tätig: Er reift und veredelt Fleisch, unter anderem vom Wasserbüffel. «Es ist eine Herausforderung, das fettarme Tier zart zu bekommen», räumt er ein und verkündet nicht ohne Stolz, dass ihm genau das zunehmend gelinge. Im Briekeller der Kartause Ittingen affiniert Frehner gemeinsam mit dem dort verantwortlichen Käser Ruedi Tritten verschiedene (Edel-)Stücke des Büffels. Im Schnitt hängt er diese zwischen drei und acht Wochen ab; im Keller mit rund 97 Prozent Luftfeuchtigkeit bleibt das Fleisch allerdings nur, bis der Edelschimmel des Bries darauf einen Flaum gebildet hat. Die Reifung im Briekeller macht das Fleisch zart und verleiht ihm ein dezentes Champignonaroma sowie bei zunehmender Intensität eine nussige Note. In der Käserei der Kartause Ittingen kommt ein relativ milder Pilz zum Einsatz, was Frehner gut passt. Er will verhindern, dass das Fleisch durch die Veredelung seinen Eigengeschmack verliert: «Die Kunst ist es, das Rohmaterial richtig einzuschätzen und den idealen Zeitpunkt zu erwischen.»

Die Frage des Geschmacks
In Worte lässt es sich nur mässig befriedigend fassen: Wie ist es denn nun, das Büffelfleisch? Wir erhielten im Gourmetrestaurant des Gasthofs zum goldenen Kreuz in Frauenfeld eine Kostprobe: Der mit 14 Gault-Millau-Punkten dotierte Küchenchef Christoph Komarnicki tischte ein komplettes Büffel-Menü auf. Wir waren vom kräftigen Geschmack und dem raffinierten Einsatz der diversen Stücke beeindruckt, wenn auch nur bedingt überrascht – schliesslich besitzt der Gasthof bei der Fleischzubereitung einen ausgezeichneten Ruf. Besitzer Beat Jost wurde 2002 Grillweltmeister an den «World Barbecue Championships» in San Diego, zwei Jahre darauf holte er in Primasens mit Komarnicki zusammen den Vizeweltmeister-Titel.

Gasthof zum goldenen Kreuz, Zürcherstrasse 134, 8500 Frauenfeld, 052 725 01 10, www.goldeneskreuz.ch



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