Angezapft

Farbe macht noch keinen Stil

Zugegeben, der Fehler passierte mir auch schon. In einer Bierbar antwortete ich auf die Frage, was ich denn gerne hätte, frank und frei mit: «Ein Amber!» Der offenkundige Bierkenner hinter dem Tresen zog seine Augenbrauen hoch und entgegnete: «Das ist kein Bierstil. Was magst du denn daran? Dass es malzaromatisch ist?» Autsch. Im Moment tat ich die Bemerkung als überheblich ab und bestellte dann halt ein Pale Ale. Dieses wird mit obergäriger Hefe und hellem Malz hergestellt; close enough. Bloss keine weitere Schmach über mich ergehen lassen, dachte ich mir.

Meine Neugierde war allerdings geweckt, und so machte ich mich tags darauf über diesen vermeintlichen Bierstil schlau. Tatsächlich bezeichnet Amber erst die Farbe – nämlich Bernstein. Es gibt zwei Bierstile, die in dieser schillern. Das Amber Lager wird mit untergäriger Hefe hergestellt: Es ist bersteinfarben bis rötlich-braun oder kupferfarben. Das Amber Ale ist obergärig und präsentiert sich in einem hellen Kupferton oder auch in einem hellen Braun.

Im Geschmacksprofil ist das Amber Ale oft fruchtiger und komplexer, während das Amber Lager sauberer und knackiger daherkommt. Zudem hat das Amber Ale in der Regel eine dunklere Farbe. Es wurde in den Achtzigerjahren von wenigen Brauereien im Nordwesten Amerikas und in Kalifornien hergestellt. Das Bier ist heute als Scottish Ale, Irish Red Ale, Extra Bitter oder auch German Alt bekannt. Auch das Vienna Lager wird mit leicht gebranntem Malz gebraut. Es gibt in diesem Subtyp also wiederum regionale Ausprägungen.

Je länger ich recherchiere, desto mehr lerne ich über die Finessen der einzelnen Biere. Je nachdem, wo auf der Welt ein malzaromatisches Bier bestellt wird, ist es anders gebraut. Allmählich wird mir auch klar, weshalb mir diese Produkte derart munden: Die röstigen Aromen dominieren, die Hopfennote ist dezent. Getrunken werden sollten diese Biere zu gemütlichen Gerichten wie gegrilltem Fleisch oder Gemüse und Pizza. Also perfekt für die nahende Grillsaison. Und auf meiner nächsten Reise werde ich fortan nach Bieren aus der Amber-Familie die Augen offen halten. Selbstredend werde ich diese dann auch mit dem nötigen Feingefühl an der Bar bestellen.

Carole Gröflin

Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung der Biervielfalt
Ausgabe: Salz & Pfeffer 3/2023 / Datum: 13.06.2023


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