Angezapft

Nichts für junge Gaumen

Es gibt Momente, an die man sich das ganze Leben erinnert. Es sind meistens die Premieren, die sich fest ins Gedächtnis brennen. So weiss ich noch, als wäre es gestern gewesen, wie ich als Teenager erstmals ein Stout trank. Die Marke war natürlich die weltbekannte, die eine Harfe in ihrem Logo führt. Ich war mit Gspändli aus meiner Klasse bei einem Kollegen zu Besuch, die Eltern waren aus. Mit einem breiten Grinsen öffnete er den Kühlschrank und zeigte auf die fein drapierten dunklen Dosen, die er nun mit uns trinken wollte. Meine Vorfreude war gross.

Stout ist ein tiefdunkles, obergäriges Bier mit weicher Röstmalzaromatik. Ikonisch ist seine cremefarbene Schaumkrone. Es hat vier bis sechs Volumenprozent, wobei inzwischen auch äusserst geschmackvolle, alkoholfreie Varianten auf dem Markt sind. Stout bedeutet auf Englisch «kräftig». Der Name ist kurz für Stout Porter, also ein stärker als das gewöhnliche Porter eingebrautes Arbeiterbier. Arthur Guinness machte im 18. Jahrhundert das irische Dry Stout berühmt. Statt geröstetem Gerstenmalz verwendete er ungemälzte, geröstete Rohgerste und erhöhte zudem die Hopfengabe. Irish Stout zeichnet sich durch eine stärkere Bittere aus.

Inzwischen sind die Facetten dieses Bierstils mannigfaltig. Es gibt ihn zum Beispiel in süssen Ausprägungen, bei denen das Malz mehr Beachtung erhält als der Hopfen. Dabei wird mit der Röstung der Geschmack von Schokolade imitiert. Bei einem Coffee Stout indes wird der Gout von Kaffee nachgeahmt. Die Zugabe von Hafermehl wiederum macht das Oatmeal Stout sämig, sodass es perfekt zu cremigen Desserts passt. Die Imperial Stouts hingegen sind wegen der in der Herstellung verwendeten Röstmalze hocharomatisch. Ihr Alkoholgehalt fängt bei acht Volumenprozent erst an.

All das wusste ich noch nicht, als ich in der Küche meines Kameraden stand und darauf wartete, das erste Mal einen Schluck Stout zu kosten. Dieser war wegen des üppigen Schaums im ersten Augenblick cremig, nach dem Schlucken dann aber ungewohnt bitter. Ich schaute in die Gesichter meiner Gspändli und sah, wie sie ebenfalls die Nase kräuselten. «Kommt, wir mischen etwas Sirup rein», sagte der Anführer und holte einen Grenadinesirup aus dem Regal. Kurz darauf rührten wir mit bunten Plastikstäbchen, wie bei einem Cocktail, die Süsse ein. Der nächste Schluck schmeckte wundervoll.

Das ist nun schon viele Jahre her. Meine Geschmacksknospen haben sich seither weiterentwickelt. Ich solle ein Stout wie einen deliziösen Dessertwein konsumieren, riet mir mal jemand hinter dem Tresen einer Bierbar und reichte mir ein Stück Schokolade mit hohem Kakaogehalt dazu. Tatsächlich: Als Begleitung zum Dessert funktioniert es prima, etwa zu dunkler Schokolade oder einem Stück Schoggikuchen. Den Sirup akzeptiere ich heute höchstens noch als Finish auf dem Cake.

Carole Gröflin

Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung der Biervielfalt
Ausgabe: Salz & Pfeffer 6/2023 / Datum: 16.11.2023


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