Vor Kurzem hat meine Partnerin Sonja Stummerer und mich eine ganz wunderbare Einladung erreicht. Die Designbiennale Zürich bittet uns um die Entwicklung und Realisierung einer Food-Design-Installation im Alten Botanischen Garten. Welche grossartige Aufgabe! Wir sind begeistert.
Ein botanischer Garten, also eine öffentliche Präsentation (meist) exotischer Zierpflanzen, drückt allerhand aus. In erster Linie wird hier geprotzt. Auf wertvollem Boden inmitten einer Stadt werden Blumen statt Lebensmittel angepflanzt. Blüten statt Kalorien. Anmut statt Fleischeslust. Das setzt einen ziemlichen Wohlstand und den Willen zur Angeberei voraus. Davon abgesehen, repräsentiert ein solcher Park den recht absurden europäisch-christlichen Willen, sich die Natur grundsätzlich sowie die Lebensräume anderer Menschen und Lebewesen untertan zu machen. Seit Jahrhunderten bringen westliche Welteroberer allerhand Blümchen und Bäume in so unwirtliche Regionen wie die Schweiz. Dort mühen sie sich voll ab, um diese Pflanzen mit Migrationshintergrund halbwegs am Leben zu erhalten und manchmal zum Blühen zu bringen.
Und wir trennen schöne von hässlicher Natur. Im botanischen Garten sind nur jene Gewächse erlaubt, welche die menschliche Kultur als schön empfindet. Absurderweise gehören Weizenähren, Maisstängel, Rankbohnen oder Kartoffelblätter nicht zu den anmutigen Sorten. All die Pflanzen, die uns kulinarische Freuden schenken, wollen wir nur auf dem Teller, nicht aber in freier Natur sehen. Gemüsegärten sind gerade noch so okay. Aus Tomaten, Peperoni und ein paar Beerensträuchern lässt sich etwas für ein romantisches Naturfoto machen. Es sollten aber mindestens eine Lederschürze und eine Retrogiesskanne mit auf dem Bild sein, um den Betrachtenden positive Emotionen zu entlocken. Aber Felder, die uns mit Kohlehydraten versorgen, sind richtig wäh! Das mag man gar nicht. Die ästhetische Qualität eines Weizenackers ist bekanntlich enden wollend.
Der Geruch frisch gebackenen Sauerteigbrots kann den fiesesten Montagmorgen retten. Ein erster Bissen kann eine Offenbarung sein. Pure Lust! Warum aber wollen wir uns nicht an den Pflanzen und an der bäuerlichen Arbeit erfreuen, die dahinterstecken? Und wieder einmal fordere ich Sie als Gastronominnen und Gastronomen explizit auf: Sie haben einen Bildungsauftrag. Kreieren Sie neue Ästhetik! Sie können das. Zeigen Sie uns die wahre Schönheit Ihrer Grundprodukte!