Der US-amerikanische Kaufmann Harry Gordon Selfridge war ein weiser, geschäftstüchtiger Mann: 1909 gründete er die nach ihm benannte Kaufhauskette, die bis heute hochwertige Waren anbietet – getreu seinem Motto «Qualität bleibt bestehen, wenn der Preis längst vergessen ist». In seinen Betrieben etablierte er zudem die Soda Fountains; Bars mitten im Kaufhaus, an denen Soda Jerks die Kundschaft mit guter Laune und alkoholfreien Getränken versorgten. Selfridge lag viel an einer entspannten Atmosphäre in seinen Läden: Sie erhöhe die Kaufbereitschaft.
«Warum ist die alkoholfreie Begleitung so teuer? Da steckt gar kein Alkohol drin.» – «Wieso kostet der Saft zehn Franken pro Flasche, dafür bekomme ich in der Migros sechsmal eineinhalb Liter.» – «Neun Franken für einen Teebeutel? Im Supermarkt zahl ich für ein Pack zwei Franken.» Auch im Restaurant staunen Gäste, die sich für die alkoholfreie Begleitung interessieren, mitunter über die Preise, die sich oft an jenen für Wein orientieren. Warum das so ist, zeigt ein Blick auf die Herstellung.
Für die Produktion von günstigem Saft wird in der Regel Obst von diversen Plantagen verwendet, auf denen künstlicher Dünger und Pestizide zum Einsatz kommen und die Früchte mit dem Rüttler vom Baum geholt werden, wobei viele Druckstellen bekommen und zu oxidieren beginnen, während andere noch unreif sind. Anschliessend pressen Mostereien das Obst zu Saft (klarer Saft wird zudem mehrfach gefiltert) und füllen diesen nach der Pasteurisierung ab. Häufig wird ein Konzentrat hergestellt, um die Lagerkosten zu reduzieren, und am Ende werden Konzentrate von verschiedenen Sorten, Plantagen und Jahrgängen unter Zugabe von Zitronensäure gemischt und mit Wasser rekonstruiert. Früchte für hochwertigen, reinsortigen Saft hingegen werden von Hand gepflückt – und zwar dann, wenn sie reif sind. Der Saft daraus wird kurz und schonend pasteurisiert und abgefüllt. Je nach den klimatischen Voraussetzungen schmecken solche Säfte jedes Jahr ein bisschen anders – insbesondere die Single-garden-Qualitäten.
Ähnlich verhält es sich beim Tee: Im klassischen Beutel steckt in der Regel die schlechteste Qualität, man spricht vom «dust». Bei der Herstellung minderwertiger Tees kommen Pestizide zum Einsatz, wird maschinell geerntet und weiterverarbeitet. Teegärten, die hochwertige Ware herstellen, ernten ihre Blätter hingegen von Hand, verarbeiten diese sorgfältig weiter und sorgen in der Regel dafür, dass ihre Pflückerinnen und Pflücker unter fairen Bedingungen arbeiten können.
Und dann ist da auch im Restaurant ein Mensch, der mit Sorgfalt und Expertise aus hochwertigen Zutaten eine alkoholfreie Begleitung entwickelt. Nicht etwa aus Teebeuteltee und günstigem Saft aus dem Tetrapak, die im Prinzip wie Wurst aus Separatorenfleisch mit viel Wasser und Aromastoffen sind. Und wer will das schon? Oder, um es mit Oscar Wilde zu sagen: «Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Aussergewöhnliche ihren Wert.» Dem hätte Selfridge sicher nichts hinzuzufügen.