Auf wissenschaftlichen Publikationen werden alle Autorinnen und Autoren genannt, die wesentlich zum Gelingen beigetragen haben. An erster Stelle kommt die Person, die das meiste geschafft hat, an letzter Stelle der Chef, der selten im Labor stand, dafür vielleicht die Idee hatte, die Grundlagen lieferte und der Veröffentlichung mit seiner Erfahrung den letzten Schliff verlieh. So wird der Nachwuchs gefördert und dessen Leistungen anerkannt. Das ist «gute wissenschaftliche Praxis».
In den Küchenlabors mancher Sterne-Häuser ist man davon weit entfernt. Hochdekorierte Küchenchefs überstrahlen die Leistung der Brigade, die verschiedenen Posten bleiben den Gästen hinter dem Pass verborgen, manchmal sogar auf den Webseiten. Exzellente Souschefinnen haben es darum mitunter schwer, ausserhalb der Küchenblase Anerkennung zu finden. Das ist schade, denn was sie wirklich können, zeigt sich auf den Tellern, die genauso schmecken, als stünde der Chef selbst am Pass und turnte nicht gerade in der Weltgeschichte herum.
Geht eine Chefin in Rente, stirbt unerwartet oder orientiert sich beruflich um, werden aus Souschefs plötzlich Chefs, und die Gäste staunen, wie das Niveau und die drei Michelin-Sterne nahtlos erhalten bleiben. So geschehen etwa in der Schwarzwaldstube (Torsten Michel, Baiersbronn), im Waldhotel Sonnora (Clemens Rambichler, Dreis) oder kürzlich im La Table du Castellet (Fabien Ferré, Le Castellet). Es wird also Zeit, die Leistungen der Brigade (Patisserie inklusive) entsprechend zu würdigen. Das steigert die Motivation, sorgt für eine gute Bindung der Mitarbeitenden und ist das beste Mittel gegen Dauerfrust. Herausragende Beispiele gibt es: Andreas Caminada, Stefan Wiesner – oder der deutsche Medienstar Alexander Herrmann, dessen Restaurant schon lange auch den Namen des brillanten Souschefs Tobias Bätz trägt.