Anschnitt

Neues aus der Küchenforschung

Dashi, der japanische Umami-Spender, hielt schon vor einiger Zeit Einzug ins Repertoire der Schweizer Küchen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Während man Fonds über lange Zeit kochen und klären muss, um sie anschliessend als intensiv schmeckenden Anguss zu verwenden, geht das Ganze beim Dashi deutlich schneller voran. Ein Stück Kombualge ins maximal 60 Grad Celsius warme Wasser geben, ziehen lassen, Bonitoflocken hinzufügen, passieren, fertig. Eine klare, exotische Ansage aus Japan – nur nicht unbedingt auf Schwyzerdüütsch. Aber das Konzept lässt sich leicht übersetzen, wenn wir tiefer ins Dashi hineinblicken.

Aus der Kombualge werden Glutamat und Salze gelöst. Die getrockneten, fermentierten und leicht geräucherten Bonitoflocken liefern – neben kräftigen pilzartigen und rauchig-würzigen Aromen – ebenfalls reichlich Umami. Daran hat der aus Miso, Sake und Co. bekannte Kojipilz einen erheblichen Anteil. Dessen Enzyme schneiden beim Fermentieren so manche Fischproteine auseinander, die, wenn sie nur kurz genug sind, ebenfalls ein hohes Umami-Potenzial aufweisen.

Aber all diese Eigenschaften haben manche traditionelle Schweizer Produkte ebenfalls auf Lager. Wer denkt da nicht an natürliche Käserinden, die oft achtlos weggeworfen werden? Nach der langen Reifezeit strotzen sie vor Glutamat und Proteinbruchstücken. Auch dünne Scheiben des lang gereiften Bündnerfleischs verströmen würzig-pilzige Aromen und quillen gleichzeitig vor Glutamat und anderen Umami-Verstärkern über. Also werden von beiden ein paar Teile in mässig warmes, weiches Quellwasser versenkt, die Geschmacksstoffe extrahiert und danach gefiltert. Das ist schon alles. Und wer dann noch etwas Flavour vermisst, bedient sich an getrockneten Waldpilzen und etwas Salsiz – auch des Hauchs Rauch wegen.

Thomas Vilgis

Physiker am Max-Planck-Institut für Polymerforschung
Ausgabe: Salz & Pfeffer 5/2021 / Datum: 12.10.2021


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