Anschnitt

Vom Klima und Kühekeulen

Der Klimawandel, ein seit Jahrzehnten bekanntes Phänomen, das kam, kommt und bleibt, wurde lange dem Wohlstand und der Bequemlichkeit untergeordnet. Hauptsache, Fleisch ist billig und Milch kostet weniger als pappsüsse Limobrühen. Erst jetzt, da die Schoggi schneller schmilzt und die Regenmengen unerträglich steigen, wird einschneidendes Handeln befohlen. Aber der Mensch ist ein seltsames Wesen. Manche leugnen weiter, andere kleben sich auf Strassen fest und einige fordern, etwa in Irland, 200000 Kühe zu keulen, da sie das Treibhausgas Methan ausstossen. Dem Weltklima allerdings ist das alles wurscht.

Kühe sind Wiederkäuer. Um von Gras, Klee und Heu zu leben, Milch und Muskeln zu bilden, müssen sie aus (für Menschen unverdaulichen) Pflanzenstoffen Aminosäuren herstellen. Dazu fermentieren sie die Nahrung in ihren Mägen. Leider entstehen dabei Methan und Kohlendioxid – bei Hochleistungskühen übrigens mehr als bei Weidetieren, die sogar unwirtliches Gelände CO2-abbauend bearbeiten. Dies beschert uns ganz nebenbei köstliche Milch, feinste Butter, besten Käse. Die Forderung, unzählige Kühe fürs Klima zu keulen, stammt garantiert von landwirtschaftsfernen Technokratinnen und Technokraten.

Rindviecher können nichts für ihre Wiederkäuerei. Menschen indes haben es in der Hand: Ob sie sich ressourcenvernichtende, klimaschädliche SUViecher zum Einkauf wenig nachhaltiger Nahrungsmittel anschaffen oder sich auf dem Wochenmarkt bei Produzenten und Produzentinnen bedienen und echte Kontakte zur Landwirtschaft knüpfen, ist ihre Entscheidung. Nicht die Weidekuh ist ein Klimaproblem, sondern der Mensch mit seinem vermeintlich modernen Lebensstil. Leichte Keulenschläge auf dessen Kopf fördern vielleicht doch mal noch das Denkvermögen – allenfalls sogar bei hochrangigen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern.

Thomas Vilgis

Physiker am Max-Planck-Institut für Polymerforschung
Ausgabe: Salz & Pfeffer 4/2023 / Datum: 29.08.2023


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