Meine soeben abgeschlossene Reise nach Südtirol fühlte sich nur im ersten Moment seltsam an. Die Restaurants offen, aussen und innen, die Hotels gut gefüllt mit Deutschen, Zürchern und Aargauern. Bereits am 1. Mai wirkte vieles so, wie es früher mal war. Die Testpflicht (alle 72 Stunden) habe ich beachtet, die Maske dort getragen, wo es vorgeschrieben war.
Anderswo in Italien war man noch Mitte Mai weniger couragiert. Auch in der Schweiz und in Deutschland ist zögernde Zurückhaltung bemerkbar. Normalität, ja bitte, aber möglichst ganz langsam. Daran wäre ja im Prinzip nichts auszusetzen, wenn man nicht den Eindruck bekäme, als setzte sich hier und da eine neue Lust am Verbieten durch. Als wollte mancher Politiker sicherheitshalber Restaurantbesuche im Ausland noch für lange Zeit unter (Quarantäne-)Strafe stellen, als müsste sich der schämen, der Juliferien am Mittelmeer plante. Hier und dort wabert Prüderie, die sich noch Anfang des vergangenen Jahres niemand hätte vorstellen können. Sperrstunden sind ja, aus Sicht der Biederfrauen und -männer, gar nicht so übel. Vollgestopfte Bars dienen eh keinem gesellschaftlichen Wert, sondern fördern Radau und Leichtsinn. Wenn überhaupt Genuss, dann bitte strikt reglementiert.
Gegen solche Bestrebungen gilt es sich zu wehren. Es darf zwar – Stichwort Nachhaltigkeit – nicht alles so werden wie früher, aber die Unbeschwertheit von einst muss zurückkehren. Spätestens im Hochsommer möchte ich mal wieder einen Abend bis weit nach Mitternacht in der Weinbar verbummeln, Freunde zum Abschied umarmen, dem Wirt die Hand geben und die Maske nur dort tragen, wo sie wirklich sinnvoll ist. In Südtirol war diese alte, neue Normalität schon vor ein paar Wochen zu spüren, ohne dass es Probleme gab. Man muss sich halt nur trauen.