Anschnitt

Pausenbrot für Mitstreiter

Mein Fotograf und ich waren begeistert vom Style des Aponiente in Andalusien. Ein Restaurant, das sich einen namhaften Innenarchitekten geleistet hat. Die offene Küche. Der Schrank, in dem die Fischwürste reifen – Spezialitäten des Hauses. Das kleine Laboratorium im ersten Stock. Drei-Sterne-Köche richten so was ja gern ein, um zu forschen oder um wenigstens damit anzugeben.

Zu essen gab es – gegen 17.30 Uhr, was in Spanien ja die Zeit zwischen Mittag- und Abendessen ist – nichts. Jedenfalls nicht für die aus Reportage-Gründen angereisten Besucher. Die allmählich aus der Pause zurückkommenden Köche dagegen konnten sich bald von einem rasch aufgebauten Buffet bedienen. Wurst stand da, die so lala aussah. Brötchen wurden drapiert, die so wattig wirkten, als wären sie am Vortag in einer Untergrundbäckerei gebacken und dann in einem Sack luftdicht aufbewahrt worden. Alle griffen zu, schauten, als würden sie geprügelt, verzogen sich kauend in die Ecken.

Gut möglich, dass mein Fotograf und ich einen schlechten Tag erwischt hatten. Vielleicht serviert man ansonsten Feineres zum Personalessen, das ja eh besser Mitstreiteressen hiesse. Falls nicht, muss man von kulinarischer Misshandlung ausgehen. Ob sich ein Koch, ein Kellner motiviert fühlt, speist man ihn mit drittklassiger Ware ab, ist die wichtigste Frage, doch Ángel León, der über Spanien hinaus bekannte Aponiente-Chefkoch, scheint sie sich nicht zu stellen. Die Antwort wäre übrigens nicht, den Mitarbeitern Tag für Tag ein Fünf-Gänge-Menü aufzutischen. Aber richtig gutes, Freude machendes Essen sollte es schon sein, am besten gemeinsam verzehrt. Und falls es Brot ist, dann bitte genau jene Sorte, von der man später auch den Gästen vorsetzt – nicht irgendwelche fahlen Pseudobackwaren. Dass man solche Selbstverständlichkeiten erklären muss!

Wolfgang Fassbender

Gastronomie- und Weinjournalist
Ausgabe: 2/2020 / Datum: 02.03.2020


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